Menschenschmuggel und islamistischer Terrorismus

21. Juni 2021

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Uwe G. Kranz

BS-Beitrag 07/2018

Über 2,5 Millionen Migranten werden jährlich von Schmugglern illegal über die Grenzen der Welt getrieben, oft unter menschenunwürdigen, ausbeuterischen, lebensgefährlichen bis tödlichen Umständen. Die Schmuggler generieren damit mindestens sieben Milliarden USD, errechnet das United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) für 2016 in seinem jüngsten Bericht vom Juni 2018. Diese sieben Milliarden Dollar entsprechen ziemlich genau der Summe, welche alle Mitgliedsstaaten der EU oder alle Staaten der USA weltweit für humanitäre Hilfe ausgeben – welch ein Armutszeugnis[1] Und dennoch vergleichbar deutlich mehr, als die signifikant reicheren arabischen Staaten, wobei zu betonen, dass die saudische International Islamic Relief Organization (IIRO) besonders viel für die humanitäre Hilfe im Jemen ausgibt (1,6 Milliarden USD) – ausgerechnet in jenem Land, das erst durch die saudisch geführte Kriegsallianz in den Ruin geführt wurde. Insoweit ist die Selbstpreisung als „Kingdom of Humanity“ bei allen anderen Leistungen im Rahmen der  saudischen Programmen für die internationale humanitäre Hilfe hinterfragbar geworden.

Die ­ Zahl der Flüchtlinge dürfte weit höher liegen, denn Binnenflüchtlinge sind in dieser Zahl gar nicht erfasst. Über die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge, die nach Europa kommen, berichtete eurostat: Die Zahl der Asylbewerber stieg nach 2012 in der EU-28 sehr viel schneller an auf 431 000 im Jahr 2013, 627 000 im Jahr 2014 und um die 1,3 Mio. Anträge sowohl 2015 als auch 2016. Damit wurden 2015 und 2016 fast doppelt so viele Asylanträge in der EU-28 gestellt wie bei dem relativen Höchststand 1992 in der EU-15 – und die meisten davon in Deutschland.

Eine Dunkelfeldforschung existiert europaweit noch weniger, als eine ordnungsgemäße Aufnahme, Registrierung, Zuordnung und (vor allem!) Identifizierung von Asylbewerbern, Konventions-Flüchtlingen (gem. Genfer Konvention von 1951: Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung), andere Konventions-Flüchtlingen (gem. Konvention der Organisation für Afrikanische Einheit, 1969:, Kriegs-, Bürgerkriegs-, Konflikts-, Besatzungs-, Klima-, Umweltkatastrophen-Flüchtlinge) oder einfach nur Wirtschafts- oder Sonstige-Notlagen-Flüchtlinge).

Die erschreckend niedrige Zahl gelungener „Rücküberstellungsgesuche“[2], der sogenannte EASY-Gap[3], multiple Identitäten wie in den Fällen des tunesischen Terroristen Tarek Belgacem (20 und 5 Nationalitäten) oder des Berlin-Attentäters Anis Amri (14) oder gar der schon skurrile Fall des Bundeswehrsoldates Marco A. sind nur Highlights des Versagens inmitten dieser Gemengelage.

Besonderer Augenmerk verlangt hier der Schmuggel (meist männlicher) unbegleiteter Minderjähriger[4], von denen für 2016 in Europa (mit Schwerpunkten in Griechenland, Italien, Bulgarien und Spanien) ca. 34.000 statistisch erfasst wurden. Auch hier ist das Dunkelfeld enorm, man erinnere sich nur an die Mitteilung von Europol vom Februar 2016, wonach in den Jahren 2014 bis 2015 alleine in Italien über 10.000 UMA untergetaucht seien oder die Meldung im des italienischen Geheimdienstes vom Dezember 2016, wonach der berüchtigte Terroristenanführer Muhaxheri Lavdrim mit 400 Kämpfern als Flüchtlinge getarnt nach Europa einreiste.

Insgesamt sollen bis zu 6.000 EU-Kämpfer in dem „syrakischen Reich“ gekämpft oder gelebt haben. Inzwischen zählen Experten über 1.500 in ihre europäischen Heimatstaaten zurückgekehrten ehemaligen Foreign Terrorist Fighters (FTF) d.h. europäische Dschihadisten, die einst für den Daesh kämpften und sich nachweislich nur zu einem geringen Teil völlig von dessen Ideologie abkehrten. Die restlichen Kämpfer wurden gefangen genommen oder getötet, kämpfen den mörderischen Dschihad in anderen Krisenregionen der Welt oder harren auf Weisungen, wie z.B. die etwa die 300 britischen ex-Daesh-Kämpfer die sich in der Türkei aufhalten sollen.

Der offizielle Sprecher des Daesh, Abu Muhammed al-Adnani, der im August 2016 bei einem Luftangriff bei Aleppo/Syrien getötet wurde (diesen ‚Erfolg‘ verbuchten übrigens sowohl die USA als auch die RF ), spottete Monate vor seinem Tod, dass der Daesh nur rund 60 Kämpfer einsetzen musste, um die Anschläge in Paris, Brüssel, London und Berlin zu begehen und fragte die europäische Staatengemeinschaft drohend: „Wie viele unserer Löwen sind in die EU Die eingereist? Zehn? Fünfzig? Hundert? Mit Gottes Willen werdet ihr es bald herausfinden!“.[5]

Die Erkenntnisse, die die europäischen Sicherheitsbehörden in den vergangenen fünf Jahren sowohl nach den vollendeten als auch den unvollendeten, zuweilen fast zu früh, zuweilen aber auch sogar im letzten Moment verhinderten Terroranschläge erlangten, demonstrieren eindrücklich, wie eng der islamistische Terror mit der Flüchtlingsproblematik verwoben ist.

Terroristen haben nicht nur in erheblichem Maße selbst Migration hervorgerufen, sondern sich auch in das Geschäft der Menschenschmuggler eingenistet, erheben Zwangsabgaben und verlangen Transportkontingente für ihre als Flüchtlinge getarnten Kämpfer. In Nordafrika und in Europa versuchen sie, in den Flüchtlingscamps und Asylbewerberheimen Fuß zu fassen, zu agitieren, um neue Kämpfer zu rekrutieren. Viel zu lange wurden (und werden) die Phänomene Terrorismus und irreguläre Migration getrennt behandelt, für beide Bereiche gibt es eine schier unübersehbare Literatur in allen tangierten Wissenschaftszweigen, Forschungen für deren Schnittmengen, Korrelationen und Interaktionen sind rar.[6] Die aktuelle und scheinbar unendliche Geschichte der europäischen Asyl- und Migrationspolitik soll hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Sie zeigt aber, dass die Terrorbekämpfung ein „blinder Fleck“ in dieser EU-Politik ist.

One of the findings of the paper is how migration control for the control of terrorism is a widely used instrument however, it might hurt bona fide migrants and legal foreign residents more than mala fide terrorists. Finally, this Research Paper offers recommendations that can go some way towards disentangling the issues of (refugee) migration and terrorism.

Ein altes Rechtsprinzip lautet ultra posse nemo obligatur,d. h. jede Verpflichtung hat ihre Grenze dort, wo die Selbstzerstörung begänne.

Endnoten:

[1] http://www.unodc.org/unodc/en/frontpage/2018/June/at-least-2-million-migrants-smuggled-worldwide-in-2016–says-unodc-study.html

[2] PNP vom 04.07.2018: Zahlen für Jan – Mai 2018: Italien: 9.233, davon Zustimmungen 8.421 (künftig keine), davon Überstellungen 1.384; Spanien: 1849 – 1.255 – 172; Grichenland: 1.714 – 36 – 5; Hauptgrund der erschreckenden Bilanz: „nicht angetroffen“ = untergetaucht!

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCchtlingskrise_ab_2015_in_Deutschland#Zahlen_und_Fakten Die Zahl der 2015 monatlich im IT-System EASY (Erstverteilung der Asylbegehrenden) registrierten Asylsuchenden war auf Grund des Kapazitätsengpasses beim BAMF deutlich höher als die Zahl der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angenommenen Asylanträge. Die Differenz zwischen EASY-registrierten Asylbegehrenden und angenommenen Asylanträgen in einem Bezugszeitraum wird vom BAMF als EASY-Gap bezeichnet.[20] Der EASY-Gap betrug im Jahr 2015 ca. 650.000 Personen[21] und im 1. Quartal des Jahres 2016 ca. 300.000 Personen.[20]

Zur Diskrepanz zwischen der Zahl registrierter Asylbegehrender und der Zahl der Antragstellungen auf Asyl trägt auch bei, dass nicht jeder EASY-Registrierte einen Asylantrag stellt.[22] Weiterreisen, Rückreisen, Rückführungen in sichere Drittstaaten und in die Herkunftsländer der Flüchtlinge bleiben unberücksichtigt.[23]

[4] Eurostat: Als unbegleitete Minderjährige gelten Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die ohne Begleitung eines für sie verantwortlichen Erwachsenen im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaates ankommen oder ohne Begleitung im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaates zurückgelassen werden. 2016 wurden 63 300 Asylanträge in der EU-28 von unbegleiteten Minderjährigen gestellt. 15,9 % aller Minderjährigen waren ohne Begleitung (siehe Abbildung 5). In den meisten EU-Mitgliedstaaten machten unbegleitete Minderjährige 2016 weniger als die Hälfte aller Minderjährigen aus, die einen Asylantrag stellten; ausgenommen Italien und Slowenien.

Die Verteilung der Asylerstantragsteller nach Geschlecht zeigt, dass mehr Männer als Frauen Asyl suchten. In der jüngsten Altersgruppe (0 bis 13 Jahre) waren 53 % aller Asylbewerber 2016 männlichen Geschlechts. In den Altersgruppen der 14- bis 17-Jährigen bzw. 18- bis 34-Jährigen war die Geschlechterverteilung ungleichmäßiger; hier waren ungefähr drei Viertel der Erstantragsteller männlich. In der Altersgruppe der 35- bis 64-Jährigen verringerte sich dieser Anteil auf etwas über drei Fünftel.

 

[5] Daily Star 09.02.12016

[6] https://icct.nl/wp-content/uploads/2016/05/Alex-P.-Schmid-Links-between-Terrorism-and-Migration.pdf

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