Studie zur internationalen Kooperation im Kampf gegen sexuelle Gewalt von Kinder und Produktion / Vertrieb von Missbrauchsabbildungen/-filmen sexueller Gewalt gegen Kinder 01.01.21

22. Juni 2021

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Uwe G. Kranz

Dezember 2020 ©

Lean Europe – Uwe G. Kranz

Independent Security Consultant

Obernzell/Germany 

Disclaimer

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Gliederung:

Vorbemerkungen

Summary

Internationaler Schutz des Kindswohls

Die Lebenswirklichkeit

Die Lage in Deutschland

Tatraum Internet

Die Lücken im Recht

Die Opfer

Die Täter

Das Dunkelfeld

Die Strafverfolgungsbehörden

Vorratsdatenspeicherung

Die Privatwirtschaft

Das BKA

Cyberzentren

Bilderkennung

NCMEC/IWF

Europol

+Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA)

+EC3 Co-operationen

Eurojust

Interpol

European Union

Vorbemerkungen

Der Auftrag wurde am 23.10.2020 erteilt, wie vorgegeben umgesetzt und mit Datum vom 31.12.2020 geliefert. Der Auftrag umfasst nur zwei Segmente der Verletzung des Kindswohls, die sexuelle Gewalt gegen Kinder und die Produktion/den Vertrieb von Missbrauchsabbildungen und -filmen sexueller Gewalt gegen Kinder. Diese beiden Segmente überlappen sich natürlich mit den Kriminalitätsphänomenen Kindesvernachlässigung, psychische und physische Gewalt gegen Kinder, Tötung von Kindern, vermisste Kinder, Menschenhandel, Handel mit Kinderorganen und reisende Pädokriminelle.

Sie wurden auftragsgemäß nicht abgehandelt, können aber, wie auch eine PPT-Präsentation zum Thema der Studie, nach einem Folgeauftrag ebenfalls recherchiert und analysiert werden. Für den Bereich „Sport und sexueller Missbrauch“ wurde aktuell vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung das Forschungsprojekt „Safe Sport“ gestartet; daher wurde das Thema hier nicht aufgearbeitet. Interessant wäre auch eine Studie zum Thema „Sexueller Missbrauch, Strafmaß und Strafe“, an dem die Uni Passau, Prof. Dr. Holm Putzke (CSU) Interesse hätte (https://www.jura.uni-passau.de/putzke/), der sich derzeit dem Thema „Kirche und sexueller Missbrauch“ widmet, das hier wegen der Spezifik und der geringen Bedeutung in Fragen der internationalen Zusammenarbeit ebenfalls nicht abgehandelt wurde. Zum Thema „künstliche Intelligenz“ empfehle ich einen Forschungsauftrag an Prof. Christian Kronseder von der Fachhochschule Nordwestschweiz für Data Science in Applied Life Science (https://www.fhnw.ch/de).

Die mündlich erteilte Auftragserweiterung, einen Fragenbogenkatalog für den Wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments zu erarbeiten wurde kurzfristig umgesetzt und liegt seit dem 10.11.2020 vor.

Für diese Studie hätten Experteninterviews vor Ort gemacht werden müssen. Dies war zunächst einmal aus Corona-Gründen nicht möglich. Leider erhielt ich die Letters of Recommendation (LoR) erst am 07.12.2020. Obwohl unverzüglich postalisch mit entsprechenden Anschreiben versandt wurden, hatten bis Jahresende weder der Präsident des BKA; noch der Generalsekretär von Interpol oder der Stellvertretende Direktor von Europol geantwortet. Somit entfiel auch die Möglichkeit, direkt mit den Experten der jeweiligen zentralen Dienste zu kommunizieren oder auf interne Studien zurückzugreifen.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde weitgehend das generische Maskulinum verwendet.

Summary 

Das Europäische Parlament muss seine Aufgaben im Bereich der Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder und der Herstellung, des Besitzes und des Vertriebs von Missbrauchsabbildungen und -filmen sexueller Gewalt gegen Kinder (i.d.F.: CSEA: Child Sexual Extortion and Abuse) annehmen und intensivieren. Gefragt sind „Bold Actions“, die eine beschleunigte Vereinheitlichung von Rechtsvorschriften, Terminologien, Prozedere, Organisationen, Strukturen, Richtlinien etc. auf EU-Ebene bewirken.

Es gibt keinen Mangel an Anti-CSEA-Agenturen (staatliche und nichtstaatliche Organisationen, Einrichtungen, Vereinigungen, oder Spezial-Units). Es gibt eher einen Überfluss internationaler Agenturen (Interpol, ECPAT, NCMEC, WeProtect/Global Alliance, UNODC, CETS Australien, VGT, VITF, GSM Global Alliance, INHOPE u.a.), europaweiter Agenturen (Europol, Eurojust, EFC, EUCPN, CEPOL, CPTF, COSPOL diverse CoE-Initiativen [Lanzarote Committee] oder In-4-mation) bzw. nationaler Agenturen (IWF, CETS-Kanada, u.a.). Gefragt sind Bold Actions, die die parallelen, teil- bis diskongruenten oder gar konkurrierenden Agenturen so weit wie möglich vereinen; Positive Beispiele sind die Fusion von WeProtect & Global Alliance oder die Übernahme der Funktion der European Financial Coalition durch Europol. Als globale Zentralstelle sollte Interpol die Aufgaben und Funktionen konkurrierender Agenturen übernehmen. Auf kontinentalen Ebenen sollten solche Zentren möglichst durch Europol, NCMEC, CETS Australien o.ä. gestellt werden. Auch auf nationalen Ebenen sollten solche Zentren aufgebaut werden (IWF, BKA, CETS Canada…).

Eine neue EU-Agentur für CSEA-Prävention sollte sehr sorgfältig geprüft werden, um Duplizierungen mit den Aufgaben und Funktionen von EUCPN zu vermeiden.

Eine neue EU-Agentur für CSEA-Repression ist völlig entbehrlich, ja geradezu kontraproduktiv, da Europols operative Fähigkeiten ausgebaut werden.

Die Europol-Konvention muss dringend fortgeschrieben werden, um der Agentur mehr operative Rechte einzuräumen. Europol muss berechtigt werden, personenbezogene Daten direkt von den OSP und anderen Datenbesitzern der Privatwirtschaft zu erhalten und mit den nationalen Polizeibehörden operativ, ermittelnd tätig zu werden. Das geplante Innovationszentrum und -labor als Ansprechstelle für die national einzurichtenden Zentren ist der richtige Schritt in eine bessere EU-weite Kooperation zur Bekämpfung der CSEA-Kriminalität. Europol braucht auch eine stärkere EU-parlamentarische Kontrolle, um die herrschenden Vorwürfe eines Demokratiedefizits zu beheben.

Es gibt keinen Mangel an Aktivitäten, Strategien, Aktionsplänen, Leitlinien und Regeln. Es gibt eher einen Überfluss.

Ein negatives Beispiel ist CIRCAMP von COSPOL und die damit verbundene Strategie der Blockiersysteme (CSAADF). COSPOL als „Gegenspieler“ von Europol aufzubauen, war eine Aktion von UK und der zuvor geforderten und in der Europol-Konvention zementierten operativer Schwäche Europols. Die damals favorisierten Filter- und Blockiersysteme verhinderten allenfalls die Verteilung des CSEA-Materials.

Gefragt sind jedoch Bold Actions zur Ermittlung der Produzenten, die die schrecklichen Verbrechen live begehen (lassen) und das Bild- und Filmmaterial immer wieder neu in die Netze stellen und bei Blockaden ins Darknet ausweichen.

Ein positives Beispiel, geradezu ein Leuchtturm, ist jedoch die 2011 EU-Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie, die in erschreckender Weise nicht beachtet bzw. umgesetzt wurde. Die beiden Evaluierungsberichte von 2016 sollten intensiv studiert werden, sie dienen der Awareness und sind Handlungsanleitung für die parlamentarische Kontrolle der Planungen und Handlungen der Europäischen Kommission.

Auch die Leitlinien von 2016, die von der fusionierten internationalen Organisation WePROTECT/Global Alliance to end child sexual exploitation online veröffentlichte („‘Preventing and Tackling Child Sexual Exploitation and Abuse (CSEA): A Model National Response’) ist solch ein Leuchtturmprojekt, das weiterverfolgt, bzw. reanimiert werden sollte. Diese Leitlinien sollte es Staaten ermöglichen, die eigene Gesetzgebung, ihre Strukturen und Organisationen zu überprüfen, Schwachstellen zu erkennen und Maßnahmen zu priorisieren, um die Selbstverpflichtungen im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch effektiver umzusetzen. Das Europäische Parlament sollte sich dieser Leitlinien annehmen und sie aktualisiert umsetzen.

Laufende Projekte, die sich bewährt haben (Joint Investigation Teams, HAVEN, TWINS, TraceAnObject, J-CAT, Say No!campaign, GSM Global Alliance o.ä.) sind zu intensivieren und fortzuführen. Die wachsende Problematik des self-generated-explicit materials (SGEM) muss aufgegriffen werden. Schwerpunkt muss auch die Präventionsarbeit werden (siehe z.B. das „Präventionsprojekt Dunkelfeld (PPD), Hilfe im Rahmen eines Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“) – das heißt jedoch nicht, dass eine neue Agentur geschaffen werden muss.

Schwerpunkt muss eine einheitliche, technische Antwort auf die Bilderflut werden. Dies verlangt eine enge Zusammenarbeit mit des Online Service Provider, den Tech-Giganten und der internationalen Strafverfolgungsbehörden. Ein positives Beispiel könnte die deutsche “Sicherheitskooperation Cybercrime”, sein, deren Ziel es ist, die phänomenologischen Erkenntnisse zu vertiefen, gemeinsame strategische Konzepte zur Bekämpfung von Cybercrime zu entwickeln, effektive Präventionsmaßnahmen abzuleiten und den technischen Wissenstransfer zu erweitern. Dort muss jedoch der Ansatz zur CSEA-Kriminalität verstärkt werden. Wie sich das EU-Projekt TITANIUM in 2021 entwickelt, muss sich noch herausstellen.

Eine EU-weite Studie zur „gesellschaftlichen Last von Traumafolge-Störungen“ sollte vergeben werden.

Die Enttabuisierung des sexuellen Missbrauchs in der Gesellschaft muss durch gezielte Maßnahmen institutioneller Öffentlichkeitsarbeit gefördert werden.

EU-weit einheitlich muss mehr Information, Aufklärung und Sensibilisierung über die Auswirkungen und langfristigen Folgen sexualisierter Gewalt erfolgen, um die Betroffenenperspektive durch Förderung gesamtgesellschaftlicher Empathie für Betroffene sexualisierter Gewalt zu stärken; Neben dem Paradigma der Unschuldsvermutung des Täters sollte ein Paradigma der „Opferrespektierung“ geschaffen werden;

Eine der Schwachstellen ist offensichtlich die Justiz. Hierfür sollte eine eigene Studie erstellt werden.

Internationaler Schutz des Kindswohls

Kindesmissbrauch und Kinder’pornografie‘ sind besonders schwere Formen der Verletzung des Kindswohls, das seit 1989 weltweiten Schutz durch Art. 3 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention genießt.

Auch der Europarat aktualisierte in Sofia seine Kinderrechte-Strategie (2016 bis 2021), in der das Kindswohl garantiert wird, insbesondere durch das Recht auf gewaltfreies Leben für alle Kinder (A life free from violence for all children), durch kindergerechte Rechtsprechung und Verwaltungshandeln (Child-friendly justice for all children) oder durch die Achtung der Kinderrechte in der digitalen Welt (Rights oft the child in the digital environment).[1]

Nach Artikel 3, Absätze 3 und 5 des Vertrags über die Europäische Union vom 26.10.1992 verpflichteten sich die EU-Mitgliedsstaaten ausdrücklich und, gleichsam verstärkend gleich in zwei Absätzen, die Menschenrechte, insbesondere die Rechte des Kindes zu schützen.

Auch die EU-Charta der Grundrechte, wofür eigens die European Union Agency for Fundamental Rights (FRA) eingerichtet wurde, schützt das Kindswohl. Danach haben Kinder einen Anspruch auf Schutz und Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Insbesondere sind Kinder vor allen Formen der Gewalt zu schützen.

2011 wurde außerdem die „EU-Agenda für die Rechte des Kindes“ angenommen, deren Umsetzung jedoch auch nur schleppend vorangeht, wie das Beispiel der EU-einheitlichen Notfall-Hotline 116 000 , die Hotline für vermisste Kinder, zeigt: Diese war auch zehn Jahre später immer nur in zwei Drittel der Mitgliedsstaaten installiert. Inzwischen sind aber sowohl diese Hotline als auch die europäische Notrufnummer 112 in allen EU-MS eingerichtet

Am 09.06.2020 kündigte die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson angesichts der steigenden Fallzahlen an, europaweit den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch zu stärken und will hierzu eine europäische Strategie vorlegen. Vor allem brauche die Polizei für die grenzüberschreitende Kooperation mehr Training und Technologie und die großen Internetfirmen müssten in die Pflicht genommen werden. Auch das eine Forderung, die schon recht alt ist.

Am 24.07.2020 wurde im Rahmen der EU-Strategie über die Sicherheitsunion als Sofortinitiative die „EU-Strategie zur wirksameren Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern“ verabschiedet. Vorgeschlagen wurden darin: Neue Rechtsvorschriften, die die Betreiber von Online-Plattformen verpflichten, die Weitergabe dieser illegalen Inhalte aufzudecken und zu melden, sowie eine Prüfung, ob ein neues Europäisches Zentrum zur Prävention und Bekämpfung des Kindesmissbrauchs eingerichtet werden kann.

Am 10. September 2020 wurde von der Europäischen Kommission eine EU-“Interim Regulation on the processing of personal and other data for the purpose of combatting child sexual abuse” vorgeschlagen (COM(2020) 568 final).[2] Diese Übergangsverordnung ist Voraussetzung dafür, dass Service-Provider weiterhin freiwillig dabei mithelfen können, Missbrauchsabbildungen und -filme im Internet aufzudecken und zu entfernen, denn ab dem 21.12.2020 tritt der „Europäische Kodex für die elektronische Kommunikation“ in Kraft, wonach bestimmte Online-Kommunikationsdienste (wie z.B. Webmail oder Messaging-Dienste), nach den Regeln der e-Privacy-Richtlinie behandelt werden müssten. Das Europäische Parlament und die EU-Kommission müssen dieser Regelung noch zustimmen, ehe sie vermutlich im zweiten Quartal 2021 zwingend in Kraft treten.

Die UN-Kinderrechtskonvention (Convention on the Rights of Children – CRC) wurde inzwischen von allen EU-Mitgliedsstaaten (EU-MS) ratifiziert. Deutschland hatte die Kinderrechtskonvention zwar am 06.03.1992 ratifiziert, zunächst jedoch nur unter dem Vorbehalt des Vorranges des Ausländerrechts, das die Abschiebung auch von Kindern vorsah. Am 15.07.2010 wurde dieser Vorbehalt offiziell zurückgenommen, so dass seitdem auch in Deutschland “bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorgan getroffen werden, … das Wohl des Kindes … vorrangig zu berücksichtigen ist”[3].

Obwohl Deutschland seit 1989 allen internationalen Verträgen und Konventionen zum Schutz von Kindern vor körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt beitrat, sie unterzeichnete und ratifizierte, dauerte es immerhin noch bis zum Jahre 2000, um das „Recht auf eine gewaltfreie Erziehung“ zu kodifizieren. Bis dahin waren Schläge als „Erziehungsmaßnahme“ nicht verboten.

Kinder ’pornografie‘?

International wird, wie auch vom deutschen Unabhängige Beauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern (UBSKM) gefordert, strikt der Terminus Kinder- oder Jugend’pornografie‘ vermieden. Pornografie ist ein Begriff, der für Erwachsene benutzt wird, die sich einvernehmlich in sexuellem Bild-/Filmmaterial darstellen, das meist rechtmäßig danach zum sexuellen Vergnügen vertrieben wird.

Mit dem Begriff ”Kinderpornografie” wird der sexuelle Missbrauch und die sexuelle Ausbeutung trivialisiert; das gilt auch für ähnliche Begriffe wie „kiddy porn“, „child porn“, „Kinderprostitution“. „Sugar Daddy“ oder „(Kinder)Sextourismus“, Begriffe, die gerne von Pädokriminellen selbst verwendet werden. Damit verbietet sich die Benutzung solcher Begriffe durch Strafverfolgungsbehörden, die Justiz, der Medien oder in der Öffentlichkeit.

Es gilt der Grundsatz: Wenn Kinder beteiligt sind, ist es keine Pornografie; Dann ist es sexueller Missbrauch und es ist ein Verbrechen.

Die auch hier in dieser Studie verwendeten richtigen Begriffe wurden in den so genannten Luxembourg Terminology Guidelines, einem 131-seitigen Terminologischen Leitfaden für den Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexualisierter Gewalt, beschrieben[4]. Dieser Leitfaden wurde von einer Gruppe von 18 internationalen Partnern, darunter auch ECPAT und Interpol, im August 2018 vereinbart:

Abb. 1

Ausschnitt; Die gesamte Leitlinie liegt auch in deutscher Sprache vor

Ausbeutung (child sexual exploitation) oder sexueller Missbrauch (child sexual abuse) von Kindern werden im internationalen Raum mit den Akronymen CSE oder CSA bezeichnet, existieren aber auch zusammengezogen (CSEA), häufig auch mit einem angehängten „M“, das für Material steht. In dieser Studie werden daher die international vereinbarten Akronyme verwendet.

Die Lebenswirklichkeit

Auf dem Papier sind die Rechte der Kinder und das Kindswohl scheinbar aufs Beste geschützt, sogar weltweit.

Die Lebenswirklichkeit zeigt aber erschreckend viele und erschreckend heftige Diskrepanzen. In den letzten zehn Jahren ist die Anzahl der Missbrauchsabbildungen und -filme sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche weltweit signifikant angestiegen. Von einer Million Fälle des sexuellen Missbrauchs in 2010 auf 17 Millionen Fälle in 2019.Im gleichen Zeitraum stiegen die Fallzahlen in Europa von 23.000 auf 800.000.[5] Dem LKA Nordrhein-Westfalen lieferten die Strafverfolgungsbehörden des Landes Ende 2020 in einer Woche 5 Millionen neue Bilder an, 310 Terabyte. Bei ungebremster Fortsetzung dieses Trends würde die neu eingerichtete polizeiinterne Cloud, dem „Forensic Destop“, die eine Größe von zwei Petabyte hatte, in nur 100 Tagen gefüllt.

Kindesmissbrauch hat kriminalphänomenologisch enorm viele Facetten. Sie reichen von psychischer über physischer und sexueller Gewalt mit lebenslangen physischen und seelischen Folgen für die Opfer, bis hin zur Kindstötung. Die sexuelle Gewalt tritt zumeist nicht als isoliertes Ereignis auf, sondern steht oft im Kontext von psychischer und physischer Misshandlung, Vernachlässigung und weiteren Gewalterfahrungen („Bullying, Mobbing“). Sexuelle Gewalt an Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen und die Verbreitung von Missbrauchsabbildungen und -filmen stehen in engster deliktischer Nähe, sind unabdingbare Vorbedingungen für die Herstellung und Verbreitung der Bilder, Videos und Filme durch Pädokriminelle.

Regelmäßig erschüttern weltweit Sex-Skandale, in denen Kinder sexuelle Gewalt erleiden und der Markt des darauf basierenden CSEA-Materials boomt wie nie (Missbrauchsabbildungen, -filme, und -texte).

Erst jüngst[6] führte ein Hinweis des US National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) zu einem Ring in Australien, bei dessen Aufdeckung in 128 Fällen weiterführende Spuren zu Tatverdächtigen in den USA, Kanada, Asien und Neuseeland führte. Unter den in Australien festgenommenen 17 männlichen Tätern befanden sich u.a. ein Fußballtrainer und ein Kinderbetreuer. Von den bislang ermittelten 46 australischen Opfer war das jüngste 16 Monate alt, das älteste 15 Jahre, viele der Opfer waren in Kinderbetreungseinrichtungen untergebracht.

2019 berichtete Human Rights Watch, dass viele Tausende Mädchen, Kinder und Jugendliche, aus Vietnam, Kambodscha, Indonesien, Laos, Burma, Nepal, Nordkorea und Pakistan von Menschenhändlern nach China gelockt oder entführt wurden, wo sie für $3.000 bis $13.000 an chinesische Familien verkauft wurden – angeblich als Ehefrauen, eher aber als Sex-Sklavinnen[7]. Ursache für das boomende und brutale Geschäft mit dem Menschenhandel ist Chinas wachsendes Gender-Ungleichgewicht, eine Spätfolge der chinesischen Ein-Kind-Politik (1979-2015). Derzeit sollen in China zwischen 30 und 40 Millionen Frauen fehlen („missing women“).

Die Lage in Deutschland

Die jüngsten Steigerungsraten der bekannt gewordenen Fallzahlen sind exorbitant: In Deutschland wurden 2019 bei der Polizei 14.606 Fälle von sexueller Gewalt an Kindern angezeigt, knapp 800 mehr als im Vorjahr. 2016 waren es noch wenig mehr als 12.000 Ermittlungsverfahren.

Die Anzahl von polizeilich erfassten Opfern sexueller Gewalt an Kindern hatte in Vergangenheit (2011 bis 2015) langfristig scheinbar leicht abgenommen, seit 2017 ist jedoch eine signifikante Zunahme zu registrieren:

Abb. 2: Opfer sexueller Gewalt an Kindern

Quelle:  https://de.statista.com/statistik/daten/studie/38415/umfrage/sexueller-missbrauch-von-kindern-seit-1999/

Regelmäßiges Monitoring fehlt

Inwieweit die rückläufige Entwicklung in der Vergangenheit bzw. die drastische Steigerung in den letzten drei Jahren auf eine tatsächliche Abnahme bzw. Zunahme zurückgeführt werden kann, oder ob andere, bislang unerforschte Gründe vorliegen, bspw. ein verändertes Problembewusstsein und ein damit einhergehendes besseres Meldeverhalten – darüber kann nur spekuliert werden.

Dies könnte nur durch eine zwingend vorgeschriebene, umfangreiche Datenerhebungen und durch Wiederholung methodisch hochwertiger Befragungen ermittelt werden. Kriminologische Untersuchungen liegen hierzu kaum vor. Erst im Rahmen eines solchen regelmäßigen Monitorings, das übrigens eigentlich schon vor langem von der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen eingefordert wird, kann sich zeigen, ob eingeleitete Präventionsprogramme und gesetzgeberische Maßnahmen zu einer Verringerung der Prävalenz führen und ob gewährte Hilfen und therapeutische Interventionen Folgebelastungen reduzieren. Hier liegt zwingend Forschungsbedarf vor – auch auf europäischer Ebene.

Tatraum Internet

Die aktuellen Sex-Skandale in Deutschland (z.B. Lügde, Solingen, Bergisch Gladbach, Köln oder Münster) mit Hunderten Kindern als Opfer sexueller Gewalt demonstrieren dagegen eindrücklich die langjährige Arg- und Hilflosigkeit staatlicher Einrichtungen zur Überwachung und Gewährleistung des Kindswohls ebenso, wie die immensen Gefahren des Internet. Nie war es leichter, an kostenloses pornografisches Material zu kommen als heute. Dabei bleibt der Nutzer größtenteils anonym und hat jederzeit die Möglichkeit neue Inhalte zu betrachten.

Die im internationalen Raum „Triple A“ genannten Merkmale, mit schnellen Internetverbindungen anonym („Anonymity), kostengünstig („Affordability“) und leicht und ohne Hemmschwellen oder Hindernissen zugänglich („Accessibility“) alle Arten der Pornografie zu konsumieren, beschleunigen natürlich auch die zigtausend fache Verbreitung von Missbrauchsabbildungen/-filme sexueller Gewaltdelikten an Kindern (die so genannte „Kinderpornografie“) und an Jugendlichen (die so genannte „Jugendpornografie“). Dieser virtuellen Tatraum überfordert sichtlich und zunehmend die nationalen Strafverfolgungsbehörden.

Auch die Verbreitungswege über das Internet weiten sich immer weiter aus – trotz des Zugangssperrengesetzes von 2009. Die Verbreitungswege durch peer-to-peer-Netzwerke, Usernets oder über das World Wide Web werden immer schwieriger zu verfolgen, insbesondere in geschlossenen Benutzergruppen. Dort wird zunehmend mit entsprechenden Verschlüsselungsprogrammen (z.B. AES 128 oder 256, PGP oder RSA) oder mit bereits auf der Festplatte eingebauter Verschlüsselungstechnik gearbeitet (z.B. Bitlocker oder My Passport Ultra). Zusätzlich müssen vor Eintritt in diese Gruppen bestimmte „Leistungen“ erbracht werden, die in der Regel im Einbringen neuer Missbrauchsabbildungen/-filme bestehen.[8]

Die Anfang 2020 von Facebook-Chef Mark Zuckerberg verkündete Initiative, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselungstechnik, die bereits auf WhatsApp installiert ist, auf alle seine anderen Plattformen auszuweiten (Facebook-Messenger oder Instagram), ist ein fatales Signal, auch wenn die Maßnahme dazu dienen soll, die Nutzer vor Hackern und Kriminelle zu schützen.

Das Europäische Parlament sollte verstärkt darauf dringen, dass die Ergebnisse des EU-Internetforums, das Ende 2020 vorliegen sollte, mögliche technische Lösungen zur Aufdeckung und Meldung von CSEA-Materialien vorgestellt werden, wonach alle OSP starke, mehr repressiv ausgerichtete Sicherheitsvorkehrungen einrichten müssen bevor sie Verschlüsselungsinitiativen starten – vor allem für den Schutz vor Kindern, aber auch für den Kampf gegen Extremismus, internationalen Terrorismus, Menschenhandel und andere schwere Kriminalitätsformen. Dies würde die bisherige EU-Politik, nur auf die Blockade von inkriminierten Internetseiten zu setzen, deutlich verbessern.[9]

Die Lücken im Recht

Die Lücken im Recht sind nur teilweise behoben. Beispiele:

Seit der Gesetzesänderung vom Januar 2015 ist in Deutschland auch die versuchte Verbreitung und Herstellung von kinderpornografischen Schriften strafbar. Die verbotenen Darstellungen umfassen Aufnahmen sexueller Handlungen aller Art, die vor oder an Kindern oder die von Kindern durchgeführt werden.

Zugleich ist auch im Gesetz klargestellt worden, dass Aufnahmen eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes unter 14 Jahren in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung verboten sind. Auch sexuell aufreizende Abbildungen des Genitals oder des unbekleideten Pos eines Kindes sind danach nun ausdrücklich in die Strafbarkeit aufgenommen. Die Herstellung, Besitz, Erwerb und Verbreitung solcher Fotos oder Filme sind strafbar – unabhängig davon, ob das Material in gedruckter oder digitaler Form vorliegt.

Die Verbreitung von „jugendpornografischen Schriften“ – also entsprechenden Darstellungen von Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren – ist ebenfalls strafbar (§ 184c StGB). Darunter fällt nach der Gesetzesänderung vom Januar 2015 auch die Wiedergabe von ganz oder teilweise unbekleideten Jugendlichen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung. Davon ausgenommen ist allerdings die Herstellung solcher Bilder zum ausschließlich persönlichen Gebrauch, wenn die dargestellte Person in die Wiedergabe eingewilligt hat.

Seit März 2020 sind zumindest deutsche Ermittler für diese „Keuschheitsproben“ rechtlich besser abgesichert, z.B. wenn sie sich mit computergenerierten Bilder Zutritt zu Darknet-Foren verschaffen oder mit Tätern beim Cybergrooming als verdeckte Ermittler kommunizieren, so dass dieser wegen des versuchten Delikts (§ 176 Abs. 4 Nr. 3 i.V.m. Abs. 6 StGB) verfolgt werden kann.

Mit einer immer noch ausstehenden Gesetzesänderung sollen die Anbieter sozialer Netzwerke verpflichtet werden, nach einer eingereichten Beschwerde durch einen ihrer Nutzer strafbare Inhalte im Bereich des sexuellen Missbrauchs und der Kinderpornografie an die Zentralstelle im BKA zu melden (Ausleitungsverpflichtung).

Um einen besseren Zugang zu (geschlossenen) Missbrauchsforen zu erhalten und deren Nutzer sowie Administratoren zu identifizieren, müssen die Strafverfolgungsbehörden auch digitale Identitäten/Accounts übernehmen und weiterführen können – auch ohne die freiwillige Zustimmung des Inhabers des Accounts, der diese Zustimmung in aller Regel nicht erteilt. Hierzu fehlt eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.

Ebenso fehlt ein neuer eigenständiger Straftatbestand, der das Betreiben illegaler Plattformen im Darknet generell sanktioniert. Die guten Erfahrungen, wie sie im Kampf gegen Betreiber von Kinderpornografie-Plattformen gemacht wurden, weil hier eine explizite Vorschrift existiert, müssen auch auf andere Plattform-Betreiber ausgedehnt werden, z.B. wenn dort etwa Betäubungsmittel oder Waffen verkauft werden. In diesen Fällen können die Strafverfolgungsbehörden gegen die Betreiber bisher in der Regel nur wegen Beihilfe zu einer Straftat vorgehen. Und da muss der Strafrahmen zwingend gemildert werden. Das wird der Sache und dem Rechtsempfinden nicht gerecht.

In der Strafprozessordnung fehlt auch eine explizite Ermächtigungsnorm für eine Beschlagnahme von eMails; die Strafverfolgungsbehörden behelfen sich derzeit mit der Ermächtigungsnorm zur Beschlagnahme von Postsendungen, es wäre aber wünschenswert, die Strafprozessordnung hier zu aktualisieren und zu präzisieren.

Letztlich fehlt auch eine konkrete, gesetzgeberische Norm zur Herausgabe von Kunden- und Sendungsdaten gegenüber Postdienstleistern, da dazu höchstrichterlich divergierende Auffassungen existieren.

Der aktuelle Gesetzesentwurf (GE), der den tatsächlichen Missbrauch eines Kindes als Verbrechenstatbestand einstuft, wird seit Jahrzehnten diskutiert, ist eigentlich längst überfällig und würde auch den Strafverfolgungsbehörden weitere Ermittlungsmöglichkeiten bieten. Die Anhörung im Deutschen Bundestages zu diesem Thema Anfang Dezember 2020 lässt allerdings keine große Hoffnungen aufkommen, dass der GE so wie vorgelegt realisiert wird, auch wenn Justizministerin Christiane Lambrecht (SPD) dies nach einem völlig überraschenden Sinneswandel vollmundig am 11.Juni 2020 immer wieder mit den Worten bekräftigte: „Solche widerlichen Straftaten sind Verbrechen ohne Wenn und Aber“. Staatsanwälte, Richter, Anwälte und Hochschullehrer kritisierten den GE zur Bekämpfung ‚sexualisierter‘ Gewalt massiv.[10]

Für alle (europäischen) Ermittlungsbehörden kann das im Ergebnis nur bedeuten, die eigene Digitalisierung zu forcieren. Es bedarf nicht nur einiger weniger „Cyber Cops“ und zentralen Ansprechstellen (die auch nicht überall existieren). Die Digitalisierung aller Lebensbereiche bedarf des Ermittlers 4.0, denn Kriminalistinnen und Kriminalisten müssen die Zusammenhänge verstehen, brauchen profundes technisches Wissen, das bereits während der Ausbildung vermittelt werden muss. Die digitalen Spuren bieten nicht nur neue Möglichkeiten und Ermittlungsansätze, es gibt bereits jetzt Kriminalitätsbereiche, die ausschließlich digital sind. Wir können es uns nicht leisten, diese Kriminalität nur zaghaft zu bekämpfen beziehungsweise dieser Entwicklung hinterherzulaufen

Die Opfer

Opfer sind Kinder oder Jugendliche. In der ganz überwiegenden Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten (Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Niederlande, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern) gilt die UN-Kinderrechtskonvention (mehr oder weniger direkt), wonach „Kinder“ Personen bis zum 18. Lebensjahr sind; teilweise wird auch der Begriff „Minderjährige“ verwendet. Auch Luxemburg dürfte eher der dieser Ländergruppe zugeordnet werden, obwohl nach einer anderen rechtlichen Grundlage des Landes auch eine Zuordnung zur zweiten Ländergruppe denkbar wäre. In Griechenland gilt die Besonderheit der Minderjährigkeit vom 8. bis zum 18. Lebensjahr („A-Länder“).

Nur in Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland und Polen sind Kinder eindeutig als Personen im Alter bis zu 13 Jahren und Jugendliche/Minderjährige als Personen im Alter von 14 bis zu 17 Jahren definiert. Die Volljährigkeit tritt mit dem 18. Lebensjahr ein. In Italien und Österreich sind zwar regionale oder altersmäßige Differenzierungen zu beachten, doch können auch diese beiden Staaten noch zu dieser Ländergruppe gerechnet werden. („B-Länder“).

Die geplanten Maßnahmen des Aktionsplanes sind an der Directive 2011/92/EU of the European Parliament and of the Council of December 13 ,2011, on combating the sexual abuse and sexual exploitation of children and child pornography auszurichten, die in ihrem Art. 2 die Definition der A-Länder festschreibt.

In Deutschland erhöhte sich 2019 die Zahl der polizeilich erfassten Delikte von Kinderpornografie um etwa 65 Prozent von 7.450 Fällen (2018) auf mehr als 12.200 Delikte. Eine Vielzahl der Hinweise kam aus dem US-Meldesystem NCMEC.[11]Der Anteil der Missbrauchsabbildungen und -filme sexueller Gewaltdelikten an Kindern und Jugendlichen, der im Internet im Umlauf ist, wächst seit Jahren rasant. Schon 2011 wurde in einer Studie[12] nachgewiesen, dass etwa 35 % „schwere Übergriffe“ darstellten (Copine-Skala 7-10) und rund 26 % „detailliertes erotisches Posing“ (Copine-Skala 6). Weitere 12 % der Missbrauchsabbildungen und -filme sexueller Gewaltdelikten an Kindern stellten „Sexuelle Handlungen eines Kindes“ dar (Copine-Skala 7)[13]. Dabei war das Opferverhältnis zwischen Jungen und Mädchen in etwa gleich, den größten Anteil stellten Kinder im Alter von 9 bis13 Jahren (77%), gefolgt von der Altersgruppe der 4- bis 8-jährigen Kinder (20,5%). Die Anzahl jüngerer Opfer im Alter weniger Monate bis drei Jahren nahm schon damals deutlich zu (+2%). Dieser Trend setzt sich bis heute fort und nimmt europa- und weltweit zu.

Die Opferschicksale sind entsetzlich, für die Opfer sexueller Gewalt oft mit schwerwiegenden Folgen verbunden Seelisch, körperlich oder sexuell misshandelte Kinder tragen außerordentlich vielfältige, unspezifische und unterschiedliche Symptome. Auswirkungen von Gewalthandlungen können sich auf der Gefühls-, Verhaltens- und Körperebene ergeben. Dabei spielen die Art der Gewalt und ihre Dimensionen eine Rolle, die Tatsache, ob das Opfer ein Junge oder ein Mädchen ist und Verletzungen, die in einem direkten Zusammenhang zum Missbrauch stehen. In einigen Fällen sind diese drei Faktoren nicht klar zu trennen, da sie miteinander in Verbindung stehen können. Viele leiden nicht nur im Kindes- und Jugendalter, in der Tat- und Nachtatphase unter psychischen Störungen, wobei die Probleme oft bis ins hohe Erwachsenenalter anhalten. Die Folgen von sexuellen Missbrauchshandlungen sind um so größer und die Erinnerungen für das Opfer um so belastender, je größer der Altersunterschied und die verwandtschaftliche Nähe zwischen dem Täter und Opfer ist, je länger die sexuelle Gewalt andauert, je jünger das Kind bei Beginn der Tat ist, je mehr Gewalt angedroht und angewendet wird, je vollständiger die Geheimhaltung und der damit einhergehende Druck auf das Kind ausgeübt wird und weiterhin je weniger beschützende und vertrauensvolle Personen dem Kind als Ansprechpartner zur Verfügung stehen[14].

Zu Auswirkungen sexuellen Missbrauchs auf der Verhaltensebene werden selbstdestruktives Verhalten, Bettnässen, chronisches Weglaufen, wiederholte Suizidversuche gezählt. Jungen werden aufgrund von Missbrauchshandlungen oft aggressiv. Sie wollen ihre Männlichkeit unter Beweis stellen, die Kontrolle behalten, die ihnen so einschneidend genommen wurde und ihre Angst vor Homosexualität kompensieren.

Die Folgen auf der Körperebene sind dadurch gekennzeichnet, dass der Körper, meist unbewusst, auf die Psyche reagiert. Die Folgen sind häufig dissoziative Störungen, Verlust des Identitätsbewusstseins, Kontrollverlust über eigene Körperbewegungen, Lähmungen und Gefühlsstörungen, Verlust oder einer Veränderung von Bewegungsfunktionen, bzw. eines oder mehrerer Körperglieder und Krampfanfälle; in Angstträumen ist das Traumerleben sehr realitätsnah, meist auf die „Bedrohungen des Lebens, der Sicherheit oder der Selbstachtung“ gerichtet und können ein misshandeltes Kind bis in den Tag hinein verfolgen. Auch Haut- und Magenerkrankungen, sexuelle Dysfunktionen[15], somatische Schmerzzustände, (chronische) Schmerzen im Unterleib und Essstörungen können als Folge von oben genannter psychosozialer Belastung auftreten. Bulimie und Anorexia Nervosa sind sogar sehr häufige Folgeerscheinungen nach dem Erleben von sexueller Gewalt: Das misshandelte Kind lehnt den eigenen Körper ab, Gefühle der Scham, Schuld und ein Strafbedürfnis gegenüber dem eigenen Selbst werden beherrschend.

Von besonderer Bedeutung, insbesondere für Opfer im Kindesalter, ist die so genannte Sekundärviktimisierung, die „zweite Opferwerdung“ die begrifflich diejenigen negativen psychischen, sozialen und ggfs. wirtschaftlichen Folgen für das Opfer erfassen, welche nicht unmittelbar aus der Straftat erwachsen, sondern indirekte Folgen sein sollen. Die Erscheinungsformen sekundärer Viktimisierungen sollen quasi spiegelbildlich zu den individuellen Bedürfnissen und Erwartungen des Opfers zur Unterstützung des Bewältigungsprozesses der Straftat, z.B. nach menschlicher Anteilnahme, Einfühlsamkeit und Verständnis, Beratung und Beistand, Schadenswiedergutmachung und angemessener Bestrafung des Täters stehen. Sowohl in der Kriminologie als auch in der Viktimologie hat der Sekundärviktimisierungs-Begriff eine „erhebliche Unschärfe“, zudem fehlen seit Jahren „Anstrengungen, die definitorische und terminologische Klärung“ voranzutreiben[16], d.h. dass bislang noch keine Verständigung darüber gesucht wurde, welche Auswirkungen beim Opfer zwingend feststellbar sein müssen, damit dieses überhaupt als sekundärviktimisiert anzusehen ist.

Der Begriff folgt eher einer prozesshaften Perspektive auf sekundäre Folgen, insbesondere in Kinder schutzfällen, welche durch das ungünstige Fallmanagement, durch Belastungen, z. B. im Strafverfahren oder durch Trennungserlebnisse im Rahmen von schützenden Interventionen, ausgelöst werden, deren Nebenwirkungen möglichst gering gehalten werden sollen.[17]

Im Rahmen dieser Studie werden diese eher präventionsbezogenen Themen nicht weiter vertieft.

Durch die Traumatisierung und Retraumatisierung nach sexualisierter Gewalt wird nicht nur vielfach individuelles Leid (re-)produziert, sondern auch gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Auswirkungen. Dies wurde schon 2012 durch die sogenannte Traumafolgekostenstudie (Habetha et al) festgestellt. Diese zieht folgendes Fazit:

Die Versorgung von Traumatisierten in Deutschland lässt in allen beteiligten Versorgungsbereichen Schwellen und Lücken erkennen, so dass bisher nur ein geringer Prozentsatz Betroffener überhaupt adäquat versorgt wird. Dabei spielen Organisations- und Kommunikationsdefizite im Zusammenspiel der unterschiedlichen Institutionen eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus bedarf es innerhalb einzelner Fachdisziplinen einer Optimierung der Arbeitsweise bzw. stärkeren Fokussierung auf das Thema sowie einer noch breiteren öffentlichen Aufklärung. Aufgrund eklatanter Datenlücken konnten bisher in keinem Land vollständige Folgekosten von kindlicher Traumatisierung erfasst werden, wobei die Datenbasis in Deutschland besonders schmal ist. Vor diesem Hintergrund stellt das Ergebnis in Höhe von 11,0 Mrd. Euro jährlichen Traumafolgekosten für Deutschland eine Annäherung an die realen Kosten dar. Die Trauma-assoziierten Gesundheitskosten allein bewegen sich in einer Größenordnung zwischen 524,5 Mill. Euro und 3,3 Mrd. Euro jährlich. (…) Nicht vergessen werden sollte neben der hier vorrangig dargestellten gesamtgesellschaftlichen Motivation der individuelle Nutzen, der sich in der Reduzierung persönlichen Leidens offenbart.“ 

Eine EU-weite Studie zur „gesellschaftlichen Last von Traumafolge-Störungen“ wäre wünschenswert, die es durch eine Verbesserung der Versorgung zu reduzieren gilt;

Die Enttabuisierung des sexuellen Missbrauchs in der Gesellschaft muss durch gezielte Maßnahmen institutioneller Öffentlichkeitsarbeit gefördert werden;

EU-weit einheitlich muss mehr Information, Aufklärung und Sensibilisierung über die Auswirkungen und langfristigen Folgen sexualisierter Gewalt erfolgen, um die Betroffenenperspektive durch Förderung gesamtgesellschaftlicher Empathie für Betroffene sexualisierter Gewalt zu stärken;

Neben dem Paradigma der Unschuldsvermutung des Täters sollte ein Paradigma der „Opferrespektierung“ geschaffen werden;

Die Täter

Der überwiegende Teil der Opfer kennt die Täter, meist schon lange vor dem Missbrauch. Mädchen werden zu etwa einem Drittel von Tätern aus dem Umfeld der Familie missbraucht. Jungen werden meist von anderen Bezugspersonen aus dem außerfamiliären sozialen Nahraum missbraucht (Trainer, Lehrer, Pfleger, Chorleiter, Priester, Personen mit ehrenamtlicher oder sonstig beruflicher Beziehung). Die Täter kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Einzelne Täter bezahlen ihre Opfer dafür, ihnen weitere Opfer zuzuführen („Schlepperfunktion“)

Ein Drittel der Täter ist selbst noch im Kindes- oder Jugendalter, Tendenz leicht steigend. Nachdem bereits 2014 in Deutschland in 98 % aller Haushalten mit Jugendlichen ein Internetanschluss verfügbar war (JIM-Studie[18]), ist dies wenig verwunderlich; Schon Kinder im Alter von 8 bis 14 Jahren haben eine Besorgnis erregende „starke Bindung“ an ihr Smartphone, 8 % gelten sogar als suchtgefährdet[19].

Kinder sind heute doppelt so lang online, als vor 10 Jahren.

Abb. 3 

Smartphone-Besitz bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland 2019

Veröffentlicht von F. Tenzer, 07.04.2020

Neben dem Telefonieren gehören zu den beliebtesten Funktionen das Hören von Musik, das Schauen von Videos (87%), die Nutzung von Kurznachrichtendiensten wie WhatsApp oder Facebook Messenger, der allgemeine Zugang zum Internet und die Kamerafunktion des Smartphones. Auf vielen Handys und Smartphones von Jugendlichen finden sich pornografische Filme oder Bilder, die einfach und in Sekundenschnelle weiterverbreitet werden.

Kulturkritiker stellten da schon mal die Frage: „Was the Internet made for porn?“ Dies gilt vor allem für die Generation „Z“, die heute 15- bis etwa 25-Jährigen, die von Geburt an mit Smartphones aufgewachsen ist und die die digitale Technik sozusagen als selbstverständliche Erweiterung der eigenen Person begreift.

Die Netz-Kommunikation von Kindern und Jugendlichen beruht zwar zum allergrößten Teil auf schriftlicher Sprache, aber bis zu 80 % aller Jugendlichen ab 13 Jahren haben Erfahrungen mit (Internet)Pornografie, Jungen wesentlich häufiger und intensiver als Mädchen. Bild- und Video-Pornografie schaffen jedoch sexuelle Normvorstellungen. Zwischen dem Ansehen von Pornografie und von Missbrauchsabbildungen/-filmen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist nur wenig Abstand. Auf jeden Fall werden problematische Rollenbilder internalisiert, Realitätskonzeptionen verzerrt und negative Normalisierungseffekte eingeübt – die Wertewelt gerät ins Wanken, ein besonders gefährlicher Moment in Pubertät und Adoleszenz.

In Social Communitys (z. B. schülerVZ, facebook), Chats, Messengern (z. B. ICQ, msn) und Videoportalen (z. B. YouTube, MyVideo) sind inzwischen sexualisierte Übergriffe leider weit verbreitet, unabhängig davon, ob es sich um Übergriffe unter Heranwachsenden oder von Erwachsenen auf Jugendliche handelt.

Sexualisierte Grenzüberschreitungen können dabei verschiedene Formen annehmen:

  • Verbale sexuelle Belästigung
  • Übertragung sexueller Handlungen auf den Bildschirm über Webcam
  • Konfrontation mit Pornografie
  • Produktion von Pornografie, z. B. durch Aufforderungen oder Überreden in Chats, Nacktbilder preiszugeben bzw. nackt vor einer Webcam zu posieren.
  • Öffentliches Bloßstellen durch Veröffentlichung heimlich bzw. auch gemeinsam erstellter privater/ intimer Videos oder Fotos.
  • Anbahnung von sexuellem Missbrauch.

Kriminalistisch ist ebenfalls besonders bedeutsam, dass zwei Drittel der Täter, die innerhalb der Familie missbrauchen, auch Opfer außerhalb der Familie haben, und dass einzelne Täter häufig viele Kinder missbrauchen.[20]

Das Dunkelfeld

In den meisten Abhandlungen zum Thema der Studie werden Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) verwendet. Diese ist jedoch eine Ausgangsstatistik und dokumentiert in erster Linie die Arbeitsbelastung der Polizei. Nur wenige Forschungen beschäftigen sich mit der Erhellung des so genannten Dunkelfeldes, um die wahre Dimension der (sexuelle) Gewalt an Kindern/Jugendlichen zu erkennen.

In Deutschland werden fast neun Prozent der Mädchen und drei Prozent der Jungen bis zum 16. Lebensjahr Opfer sexueller Gewalt[21]. Langfristig gesehen (1999-2019) lebten nach Angaben des Statistisches Bundesamtes in diesem Zeitraum in Deutschland zwischen 12 und 10,7 Millionen Kinder/Jahr.

Die Anteile von Jungen und Mädchen sind über die Jahre ziemlich gleich, auch wenn der Anteil der Mädchen etwas kleiner als der der Jungen ist (bis ca. 2 % Differenz). Grob geschätzt dürften in Deutschland danach durchschnittlich pro Jahr etwa 450.000 Mädchen und 150.000 Jungen Opfer sexueller Gewalt gegen Kinder geworden sein.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) errechnete für Deutschland eine Million Kinder und Jugendliche, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind oder waren.[22]

2019 lebten in der Europäischen Union fast 448 Millionen Menschen, darunter etwa 100 Millionen Kinder und Jugendliche[23], das sind circa 21 % der Gesamtbevölkerung Eurostat). Europaweit müssten wir nach dem o.a. Berechnungsmodell mit etwa neun Millionen Mädchen und drei Millionen Jungen als Opfer sexueller Gewalt rechnen.

Die Fall- und Opferzahlen der deutschen Polizeilichen Kriminalstatistik, das so genannten „Hellfeld“, machen dagegen nur einen minimalen Bruchteil aus[24]. Dennoch schätzt das BKA das Dunkelfeld sehr vorsichtig nur auf ca. 1:15, d.h. man müsste mit bei einem Hellfeld von 16.000 Fällen realiter mit 240.000 Fälle rechnen, bzw. bei 15.000 Opfern realiter mit 165.000 Opfer. Andere Untersuchungen (Kavemann und Lohstöter) gehen von einer Relation 1:20 aus, eine allerdings ebenfalls recht konservative Schätzung. Eine neuere deutsche repräsentative Studie kommt zu dem Ergebnis, dass etwa jeder achte Erwachsene in Deutschland in seiner Kindheit und Jugend sexuelle Gewalterfahrungen machen musste.[25]

Die Studien weichen jedoch in Definitionen, Forschungsdesign, Ein- und Ausschlusskriterien, methodische Artefakte (Rücklauf, Studiendesign, Stichprobenumfang und -gewinnung) z.T. stark voneinander ab und die Datenerfassung in den Versorgungs- und Betreuungssystemen ist grundsätzlich mangels Meldepflichten lückenhaft. Wie sich das Dunkelfeld im europäischen Raum darstellt, müsste von den Wissenschaftlichen Diensten des Europaparlaments bzw. im Rahmen eines noch zu vergebenden Forschungsauftrages genauer festgestellt werden.

Im Ergebnis sind derzeit daher keine klaren, definitiv verlässlichen Aussagen zum Vergleich zwischen Hell- und Dunkelfeld möglich – mit der Ausnahme, dass die Differenz enorm sein wird.

In Deutschland konzentrieren sich die präventiven und repressiven Interventionen daher sehr stark (vermutlich zu stark?) auf das polizeiliche „Hellfeld“ d.h. auf den polizei- und justizbekannten Täter. Die Täter des Dunkelfeldes und Männer, die sich selbst in Gefahr sehen, Täter zu werden (Pädophile, potentielle Täter) bleiben meist unberücksichtigt.

Pädophile leiden aber unter einer sexuellen Ansprechbarkeit auf kindliche Körper, die sich während der Pubertät manifestiert und von da an bestehen bleibt. Potentielle Täter haben sich diese sexuelle Ausrichtung daher zwar nicht „ausgesucht“, sind aber letztlich alleine verantwortlich für ihr sexuelles Verhalten. Nach ersten vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen[26] sollen rund ein Prozent der Männer auf Kinder gerichtete sexuelle Fantasien haben. Etwa 250.000 Männer im Alter zwischen 18 und 75 Jahren könnten alleine in Deutschland als potentielle Täter angesehen werden? Die tatsächliche Zahl dürfte eher etwas niedriger liegen, da mit zunehmendem Alter auch die sexuelle Ansprechbarkeit und die Triebhaftigkeit zurückgehen, aber eine sechsstellige Zahl potentieller Täter ist auch so schon ausreichend alarmierend.

Ihnen wird seit 2004 in Deutschland ein vom Berliner Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin des Universitätsklinikums Charité ins Leben gerufene „Präventionsprojekt Dunkelfeld (PPD)“ Hilfe im Rahmen eines Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“ angeboten.

Ein solches Projekt sollte auf EU-Ebene geprüft werden.

Die Strafverfolgungsbehörden

Alleine die bisher aufgezeigten, exemplarischen Fallkonstellationen und -komplikationen zeigen die ganze Breite des Deliktsfeldes, das es zu beleuchten gilt: Eng verwoben sind pädokriminelle Einzelfälle, Gruppentaten, Sex-Ringe, organisierte Verbrechen, Menschenhandel und komplexe, globale Syndikate.

Sexuelle Gewalt gegen Kinder/Jugendliche und Missbrauchsabbildungen/-filme sexueller Gewalt an Kindern/Jugendlichen sind Deliktsfelder mit internationaler Dimension. Nationale Grenzen verlieren in der Ära Internet rasant an Bedeutung, weil dort der Austausch von Gewaltbildern, -filmen und -videos und sonstiger Daten problemlos und in Sekundenschnelle über Ländergrenzen und Kontinente hinweg möglich ist – mit Internet, Darknet, Chatrooms, und andere digitale Medien und Kanäle sowie mit einem zunehmenden, weil immer leichteren und verbreiterten Einsatz von Verschlüsselungstechnik.

Strafverfolgungsbehörden stehen weltweit vor größten Herausforderungen, sie stehen vor einem Tsunami horrender, sich ständig multiplizierender Internetinhalten, sie stehen vor gewaltigen Verschlüsselungsproblemen. Daher verlangt die effektive Bekämpfung dieser Delikte engste, best- und schnellstmögliche Kooperation in- und ausländischer Strafverfolgungsbehörden und braucht die Zusammenarbeit mit Internet Service Providern und mit Firmen aus dem privaten Sektor. Ohne den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI), im internationalen Raum als artificial intelligence (AI) bekannt, und hochspezialisierter und -gerüsteter forensischer Unterstützungsteams können große Verfahren auch von großen Sonderkommissionen kaum mehr effektiv bewältigt werden.

Fallbeispiel: Im Falle Münster (Gartenlaube) sind alleine bei dem Hauptverdächtigen fast 800 TB Videomaterial sichergestellt worden (1 Terabyte ~ 1012 B). Eine unvorstellbare Datenmenge, für die allein für die erste Sichtung rund 30-40 Mannjahre erforderlich würden – und über 30.000 bereits bekannte Tatverdächtige sind im Visier der Ermittler oder müssen noch identifiziert werden.

Für alle europäischen Ermittlungsbehörden kann das nur bedeuten, die eigene Kompetenz in Sachen Digitalisierung zu forcieren. Es bedarf nicht nur einiger weniger Cyber-Cops mehr und auch zentrale Ansprechstellen Cybercrime reichen nicht.[27] Die Digitalisierung aller Lebensbereiche bedarf des Ermittlers 4.0, denn Kriminalistinnen und Kriminalisten müssen die Zusammenhänge vom ersten Zugriff an verstehen, brauchen profundes technisches Wissen, das bereits während der Ausbildung vermittelt werden muss. Die digitalen Spuren bieten nicht nur neue Möglichkeiten und Ermittlungsansätze, es gibt bereits jetzt Kriminalitätsbereiche, die ausschließlich digital sind. Wir können es uns nicht leisten, diese Kriminalität nur zaghaft zu bekämpfen, beziehungsweise dieser Entwicklung hinterherzulaufen.

Dies gilt in besonderem Maße für die Justiz. Viel zu lange vertrat das Bundesjustizministerium die Auffassung, dass Schwerpunktstaatsanwaltschaften zum Thema Cybercrime bzw. entsprechende justizielle Spezialeinheiten nicht zielführend seien.[28]

Dabei kann das für erfolgreiche und zugleich verhältnismäßige Ermittlungen notwendige immense technische Knowhow, das selbst jüngere und mit der Funktionsweise des Internets vertraute Staatsanwälte nicht en passant erwerben und sich erhalten können, nur mit der Einrichtung staatsanwaltschaftlicher Spezialstellen erfolgreich gebündelt werden. Einige Beispiele:

In Hessen wurde schon 2011 eine Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) mit Sitz in Gießen geschaffen, die eine Sondereinheit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main ist. Inzwischen macht sie sich einen Namen, weil sie sich auf Hate-Mails zu spezialisieren scheint und Facebook-likes en gros verfolgt.

Bei der Staatsanwaltschaft in Bamberg geht seit 2015 eine 13-köpfige Zentralstelle Cybercrime u.a. gegen „Kinderpornografie“ vor.

Bei der Staatsanwaltschaft in Köln wurde 2016 eine Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC) eingerichtet, die aber mit dem seit 2018 entwickelten Projekt „Verfolgen statt nur Löschen“ den Schwerpunkt auf Hate-Speechs zu setzen scheint.

Seit 2017 wurde in Sachsen aus der integrierten Ermittlungseinheit Sachsen (INES) die Zentralstelle Cybercrime Sachsen (ZCS) geschaffen, die aber eher für Netzwerkarbeit innerhalb der Staatsanwaltschaften des Landes, für die Aus- und Fortbildung der Staatsanwälte i. S. Cybercrime und nur in umfangreichen Ermittlungsverfahren selbständig und gemeinsam mit dem LKA Sachsen (SN4C) ermitteln, inzwischen auch Clan-Kriminalität. Der Kampf gegen CSEA-Kriminalität verliert sich jedoch im Gewirr von Kompetenzerweiterung (Clan-Kriminalität) und Personalschwund.

Missbrauch und die Herstellung/Verbreitung des Bild-/Filmmaterials durch Pädokriminelle kann aber nicht en passant von DOS-Attacken, Cyber-Erpressungen oder Wirtschaftsverbrechen im Zusammenhang mit dem Internet bekämpft werden. Dies verlangt Aus- und Fortbildung, Professionalisierung/Spezialisierung und organisatorische Konzentrierung.

Vorratsdatenspeicherung

Ohne eine gesetzliche Regelung der Mindestspeicherfristen kann die Verbreitung von Missbrauchsbildern und -filmen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen nicht so effektiv bekämpft werden, wie es erforderlich wäre. Digitale Spuren an „Cyber-Tatorten“ sind daher unentbehrlich für die Aufklärung von Straftaten. Anders als an klassischen Tatorten, an denen es vom Augenzeugen bis zum Fingerabdruck zahlreiche Spuren gibt, liefern die Telekommunikationsverkehrsdaten im digitalen Raum oft die einzige Spur zum Täter. Bei diesen Telekommunikationsverkehrsdaten handelt es sich um rein technische Daten, nicht um Inhalte von Telefongesprächen oder SMS.

Solche Telekommunikationsverkehrsdaten sind beispielsweise Beginn und Ende eines Telefongesprächs oder die sogenannten Standortdaten, d.h. die Information, in welche Funkzelle ein Mobiltelefon während der Benutzung eingebucht war. Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Polizei ist außerdem die IP-Adresse, die einem Computer bei jeder Internetsitzung zugeordnet wird und die ebenfalls ein Telekommunikationsverkehrsdatum ist. Mithilfe der IP – Adresse lässt sich ermitteln, von welchem Telefonanschluss (Festnetz oder Mobilfunk) eine Internetverbindung hergestellt wurde. Da hinter einem solchen Telefonanschluss eine Person oder Firma steht, kann die IP-Adresse die Polizei so zum Täter führen, etwa in Fällen von Kinderpornografie, Erpressung oder bei der Terrorabwehr.

Die Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten ist unabdingbar für die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden. Deshalb ordnet in Deutschland das Telekommunikationsgesetz (TKG) an, welche Telekommunikationsverkehrsdaten von den Telekommunikationsanbietern gespeichert und unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen gemäß der Strafprozessordnung (StPO) nach einem Antrag der das Ermittlungsverfahren leitenden Staatsanwaltschaft beim Ermittlungsrichter und nach dessen Prüfung und Anordnung an die Polizei im Einzelfall herausgegeben werden dürfen.

Ausgelöst durch Entscheidungen von Verwaltungsgerichten, die unter Berufung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes die deutsche Gesetzeslage als mit Unionsrecht nicht vereinbar ansehen, findet eine Speicherung von Verkehrsdaten auf Vorrat derzeit faktisch nicht statt. Der Grund für die fehlende Umsetzung liegt hierbei nicht in einer gesetzlichen Regelungslücke, sondern in einem Vollzugsdefizit. Die für die Aufsicht und Durchsetzung der Vorratsdatenspeicherung zuständige Bundesnetzagentur hat verwaltungsgerichtliche Urteile zum Anlass genommen, Verstöße der Telekommunikationsunternehmen nicht zu sanktionieren. Durch die aktuell unsichere Rechtslage – eine letztinstanzliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sowie eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und möglicherweise auch des Europäischen Gerichtshofes zu den einschlägigen Regelungen in TKG und StPO stehen noch aus – sehen sich viele Telefonanbieter derzeit weiterhin nicht in der Pflicht, Daten auf Vorrat zu speichern.

Schon 2017 berichtete das BKA, dass über 8.000 NCMEC-Hinweise auf entdeckte Missbrauchsabbildungen und -filme sexueller Gewalt an Kindern/Jugendlichen nicht weiter ermittelt werden konnten, da beim Service Provider die IP-Adresse nicht mehr gespeichert war. Der mögliche andauernde Missbrauch einer letztlich zwar unbekannten, aber sicher großen Zahl von Kindern/Jugendlichen konnte in diesen Fällen nicht gestoppt werden.

2019 berichtete das BKA exemplarisch hierzu einen typischen Fall: 2019 erhielt es vom US-NCMEC einen Hinweis auf einen 17-jährigen, bislang polizeilich nicht in Erscheinung getretenen Täter, der den 7-jährigen Sohn seiner Schwester sexuell missbrauchte, dies live filmte und das Video über soziale Netzwerke verbreitete. Anhand der vorliegenden IP-Adresse konnte der Anschluss der Mutter des Opfers zugeordnet und in den nachfolgenden Ermittlungen der Täter selbst innerhalb von wenigen Tagen identifiziert und festgenommen werden. Die vorliegende IP-Adresse wurde am Tag des Eingangs der NCMEC-Meldung beim Provider angefragt, so dass bei diesem noch Bestandsdaten vorhanden waren. Wäre die Meldung nur zwei Tage später beim BKA eingegangen, wäre dieser Ermittlungsansatz weggefallen. Die Identifizierung wäre zumindest wesentlich erschwert, vermutlich eher aber verhindert worden. Zudem hätte die Gefahr bestanden, dass weitere Missbrauchstaten an dem Jungen verübt worden wären.

Die deutsche Polizei hat anhand von zahlreichen Fällen belegt, dass bei fehlender Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten und insbesondere der IP-Adresse die Aufklärung von schweren Straftaten oder die Gefahrenabwehr oftmals nur durch gespeicherte Telekommunikationsverkehrsdaten geklärt/verhindert wurden bzw. ins Leere laufen; die Delikte waren Terroranschläge, Mord, Bandstiftung, Amok, Herstellung und Verbreitung von Missbrauchsabbildungen und -filme sexueller Gewalt an Kindern/Jugendlichen (fast 40 %). 

Die Privatwirtschaft

Unterstützung erhalten die Strafverfolgungsbehörden auch von Facebook, Google, Twitter und Dropbox, die im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern inzwischen im Rahmen des Project Protect“ eng zusammenarbeiten: Mit der PhotoDNA-software von Microsoft werden Missbrauchsabbildungen detektiert, herausgefiltert und gelöscht. Der Informationsverbund stellt sicher, dass gelöschte Inhalte bei den anderen ISP nicht wieder hochgeladen werden können; die Täter wandern dann jedoch zumeist ins Darknet ab.

Gerade Ermittlungen im Bereich des zwielichtigen Darknets sind sehr zeitaufwendig und rechtlich problematisch. Aus Mangel an polizeiintern verfügbaren Lösungen oder Ressourcen müssen Analysen zuweilen extern vorgenommen werden. Die Verarbeitung personenbezogener Daten stellt jedoch grundsätzlich einen Grundrechtseingriff dar. Eine Kooperation mit den privaten Analyseanbietern birgt nicht selten die Gefahr einer mangelnder Datenschutz-Kontrolle und kann zur fragwürdigen Ausweitung von Ermittlungsbefugnissen werden.

In diesem Spannungsfeld entwickelte das EU-Projekt TITANIUM (kurz für: Tools for the Investigation of Transactions in Underground Markets) eine mögliche Alternative, die zwar primär zur Bekämpfung von Cyberkriminalität im Zusammenhang mit Kryptowährungen entwickelt wurde, jedoch auch für die Bekämpfung der Verbreitung von Missbrauchsabbildungen und -filme sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen geeignet sei. 15 Partner aus ganz Europa entwickelten in einem interdisziplinären Team unter der Federführung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Mitarbeit des BKA eine Software zur rechtskonformen und gerichtsfesten Suche nach öffentlich verfügbaren und vom entwickelten Algorithmus erkannten relevanten Informationen im Darknet und deren Analyse – unter größtmöglicher Wahrung der Grundrechte der Betroffenen[29]. TITANIUM ist seit Januar 2019 in Deutschland, Finnland, Spanien und Österreich in einer mehrmonatigen Testphase. Zwischen- oder Abschlussberichte wurden noch nicht publiziert.

In der “Sicherheitskooperation Cybercrime”, die in Deutschland schon seit 2011 besteht, sind neben dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) inzwischen sechs Landeskriminalämter vertreten (BW, NW, HE, NI, RP und SN). Ziel ist, die phänomenologischen Erkenntnisse zu vertiefen, gemeinsame strategische Konzepte zur Bekämpfung von Cybercrime zu entwickeln, effektive Präventionsmaßnahmen abzuleiten und den technischen Wissenstransfer zu erweitern. Wie den Jahresberichten jedoch zu entnehmen ist, wird die CSEA-Kriminalität dort leider aber sehr stiefmütterlich behandelt.

Eine weitere bedeutsame Zusammenarbeit findet im Forschungsprojekt VOICE des gleichnamigen Vereins “Voice e. V.” statt[30]. Es dient der Verhinderung sexualisierter Gewalt im Sport. Betroffene Opfer aus acht europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Österreich, Slowenien, Spanien und Ungarn) sollen Gelegenheit bekommen, ihre persönliche Geschichte erzählen. In Deutschland sind Dr. Bettina Rulofs und Gitta Axmann vom Institut für Soziologie und Genderforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln sind für die Koordination und Gesamtleitung des Projektes zuständig. Dazu arbeiten Universitätspartner, nationale Sportverbände und unabhängige Opferschutzorganisationen in jedem beteiligten europäischen Land zusammen. Der Soziologe Mike Hartill forscht an der Edge Hill Universität in Großbritannien vor allem zum Thema sexueller Missbrauch von Jungen im Sport und appelliert vor allem an Männer, die in ihrer Kindheit oder Jugend im Sport sexuell missbraucht worden sind, sich bei ihm zu melden. European Non-Governmental Sports Organisation (ENGSO Youth), European Gay & Lesbian Sport Federation (EGLSF), European Paralympic Committee (EPC) und die European University Sports Association (EUSA) sind weitere Partner dieses Projekts.

Nach fünf Arbeitsschritten (Working Programms) soll am Ende auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Lehrmaterialien zur Prävention sexualisierter Gewalt im und durch Sport erstellt werden.

Das BKA

Die Funktion des BKA als Nationales Zentralbüro der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) und des Europäischen Kriminalpolizeiamtes (Europol) erlangt vor diesem Hintergrund besondere Bedeutung.

Die beim BKA eingerichtete „Zentralstelle Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen“ nimmt die Aufgaben eines Bindeglieds zwischen in- und ausländischen Strafverfolgungsbehörden sowie die einer nationalen zentralen Auswerte- und Koordinierungsstelle wahr. Beim BKA wird die so genannte „Hashwerte-Datenbank Pornografische Schriften (HashDBPS)“ geführt. Für jedes inkriminierte Bild wird mittels einer speziellen Software ein alphanumerischer Code, der so genannte „Hashwert“ errechnet. Dieser Code ist so einzigartig wie ein Fingerabdruck. So werden bereits erfasste Bilder erkannt und müssen nicht mehr manuell gesichtet werden. Das reduzieret die auszuwertenden Bilddateien und entlastet die AuswertInnen und beschleunigt den Auswerteprozess. Datenbestand und Nutzung dieser Datenbank sind jedoch deutlich optimierbar.

Beim BKA eingehende Strafanzeigen und Tat-/Täterhinweise müssen jedoch an die jeweils zuständigen Polizeibehörden in den Bundesländern weitergeleitet werden, da das BKA keine ausdrückliche zentrale bzw. bundesweite originäre sachliche Zuständigkeit für die Verfolgung der Kriminalität im Internet hat.

Das BKA erhielt 2019 rund 62.000 Hinweise alleine vom US-amerikanischen National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC). 2017 waren es über 35.000 Hinweise und 2018 rund 70.000 Hinweise mit Deutschlandbezug. Aus diesen 62.000 Hinweisen des Jahres 2019 ergaben sich 21.600 Fälle, ähnlich so viele wie im Vorjahr. Die Zusammenarbeitsprozesse zwischen NCMEC und BKA wurden inzwischen derart optimiert, dass die Hinweise vom BKA bearbeitet, und schnellstmöglich an die Strafverfolgungsbehörden der Länder weitergeleitet werden können, um dort ohne zeitlichen Verzug Ermittlungsverfahren einzuleiten und diese weiter zu verfolgen. Da die PKS eine Ausgangsstatistik ist, zeigt sie, was in den jeweils vergangenen Jahren bearbeitet werden konnte; insoweit war der Anstieg bei den Missbrauchsbildern und -filmen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen eine Art Spiegelbild der enormen Zunahmen der Hinweise, speziell von NCMEC. Auch zukünftig wird das NCMEC jährlich weitere Verdachtsfälle in etwa gleichen Größenordnungen melden.

Mit entsprechender Gesetzesänderung werden zusätzlich die Anbieter sozialer Netzwerke bei einer eingereichten Beschwerde durch ihre Nutzer verpflichtet sein, strafbare Inhalte im Bereich des sexuellen Missbrauchs und der Verbreitung der Missbrauchsbildern und -filmen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen zentral an das BKA zu melden (die so genannte „Ausleitungsverpflichtung“). Auch diese Informationen werden dann schnellstmöglich den örtlich zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder zur Strafverfolgung zugeführt. Im Bundeskriminalamt sollen 300 zusätzliche Mitarbeiter gemeldete Postings überprüfen und Nutzer anhand der IP-Adressen identifizieren[31]. Auch will die Regierung einfachere Meldewege, damit Nutzer verdächtige Inhalte schneller melden und Plattformen schneller reagieren könnten.

Cyberzentren

Aus alledem folgt, dass die Fallzahlen in den kommenden Jahren zunächst weiter steigen werden – als Folge effektiverer kriminalistischer Kooperation und verbesserter rechtlicher Rahmenbedingungen, die zusammen eine weitere Aufhellung des Dunkelfeldes bewirken.

Die sichergestellten Datenmengen werden mittlerweile jedoch immer größer und ihre Auswertung und Bearbeitung binden erhebliche personelle Ressourcen. Daher hat das BKA sein Personal im Bereich der Bekämpfung von Missbrauchsbildern und -filmen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen seit 2016 um ein Drittel erhöht und arbeitet permanent an neuen technischen Verfahren zur Informationsgewinnung- und Auswertung.

Dies erfordert aber auch und gerade von den Bundesländern noch erhebliche Anstrengungen, um die vom BKA zur Verfügung gestellten, zum Teil enormen Sicherstellungsmengen überhaupt auswerten zu können.

Zentrale Ansprechstellen Cybercrime (ZAC) sind beim BKA und bei den LKÄ aller Bundesländer eingerichtet, in Flächenstaaten auch mit analogen Pendants in den Polizeipräsidien, haben vorrangig das Ziel, die Wirtschaft zu informieren und im Falle einer Cyberattacke (Angriffe auf die IT-Systeme, Distributed-Denial-of-Service-Attacken (DDoS),  Betrug, Wirtschaftsspionage, Computer-Sabotage, Ausspähen oder Diebstahl von Unternehmens- und Kundendaten, Erpressung, usw.) zu beraten und zu unterstützen.[32] Sie dienen als „Single Point of Contact (SPoC) für Unternehmen und öffentliche/nichtöffentliche Institutionen. Eine ähnliche oder vergleichbare Struktur gibt es für Cybercrime mit CSEA-Hintergrund kaum.

Eine Ausnahme bildet dabei vielleicht das LKA Nordrhein-Westfalen, das in den letzten Monaten einen großen und sehr erfolgreichen Entwicklungssprung im Kontext zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der Verbreitung von Missbrauchsabbildungen machte. Zum einen hat es am 23.04.2019 eine Stabsstelle „Revision der kriminalpolizeilichen Bearbeitung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Kinderpornografie“ (Stabsstelle KiPo) im Innenministerium eingerichtet, die die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung in diesem Deliktsfeld umfassend überprüfte, Handlungsbedarfe identifizierte, Handlungsempfehlungen für eine optimierte Bearbeitung gab und ein Landescontrolling einführte. Die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der CSEA-Materialien wurden kriminalpolitische und kriminalstrategische Schwerpunkte. Das Personal wurde von 105 auf 268 Stellen angehoben. Das speziell und hochmodern ausgestattete Cybercrime-Kompetenzzentrum (ZAC), eine Unterstützungs- und -Auswerteeinheit, die im LKA mit Hilfe des niederländischen Unternehmens ZIOS aufgebaut wurde, und der „Forensik Desktop“ (virtueller Auswerterechner) sind Leuchtturmprojekte mit Vorbildcharakter, und unterstützen mit einer eigenen 2-Petabyte-Cloud inzwischen sogar Europol und das BKA. Ein landesweites „Hinweistelefon“ beim LKA NW ist in Vorbereitung.[33]

Das LKA NW steht in engem Kontakt mit der „Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NW (ZAC)“ bei der Staatsanwaltschaft Köln.

Auch beim LKA Hessen befindet sich solch ein starkes Kompetenzzentrum im Aufbau, das mit vier Millionen Euro und 134 Beschäftigten bis Ende 20121 eine Forensik-Plattform zur besseren Aufklärung von CSEA-Kriminalität fertig gestellt haben wird und eng mit der staatsanwaltschaftlichen Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität in Frankfurt/a.M. zusammenarbeiten soll.

Dieser Entwicklung werden bald alle anderen Zentralen Ansprechstellen Cybercrime (ZAC) der anderen LKÄ nachfolgen müssen.

Es gibt eine Reihe von weiteren Einrichtungen bi- und multilateraler Art, die sich der bilateralen Kooperation in der Verbrechensbekämpfung widmen. Dazu gehört unter anderem auch das in Kehl angesiedelte „Gemeinsames Zentrum für Polizei- und Zollzusammenarbeit (GZ)“. Hier arbeiten deutsche und französische Polizeibeamte und Zöllner Seite an Seite. Es geht um die Bekämpfung grenzüberschreitender, eher regionaler Delikte. Ziel ist es, effektiv und schnell handeln zu können.

Ähnliche Zentren existieren im deutsch-polnischen Gebiet, im deutsch-tschechischen sowie im deutsch-niederländischen Raum. In Luxemburg gibt es eine Einrichtung, in der Bedienstete aus vier Ländern tätig sind (Deutschland, Belgien, Frankreich und Luxemburg).

Auf EU-Ebene schließlich gibt es noch weitere ähnlicher Einrichtungen und Dienststellen anderer EU-Mitgliedsstaaten.

Inwieweit diese Zentren bilateraler Zusammenarbeit in der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen CSEA eingebunden sind, wurde (noch) nicht überprüft.

Bilderkennung

Die weltweit zumeist genutzte Technik, um Missbrauchsabbildungen zu entdecken, zu sichern und zu dokumentieren, dürfte die PhotoDNA-Technologie sein, die von Microsoft in Zusammenarbeit mit der Universität Dartmouth/UK entwickelt wurde. Sie wird bei Microsoft, Google, Adobe Inc., Facebook und Twitter eingesetzt, um Missbrauchsabbildungen sexueller Gewalt gegen Kinder aufzuspüren, zu blockieren und den Strafverfolgungsbehörden zu melden. Microsoft stellte NCMEC diese Technik kostenlos zur Verfügung.

Das BKA setzt seit 2003 die „Computergestützte Bildersuche“ der Firma DotNetFabrik aus Heidenheim ein.

Mit ähnlichen Funktionen nimmt eine Software der hessischen Firma DigitEV GmbH einen „Vergleich von Videodateien kinderpornographischen Inhalts“ vor. Das Programm soll helfen, Inhalte in polizeilichen Datenbeständen zu filtern und doppelte Dateien zu löschen.

Das BKA ist im Forschungsprojekt „Multi-Biometrische Gesichtserkennung“ (GES-3D) als „Endanwender“ beteiligt. Eine dort entwickelte Software soll Suchanfragen auf Basis eines schlechten, nicht vollständigen Gesichtsfotos ermöglichen.

Die Bundespolizei arbeitet am Projekt „Multi-Biometriebasierte Forensische Personensuche in Lichtbild- und Videomassendaten“ (MisPel) mit, das vom Forschungsministerium gefördert wird. Dabei wird die „zeitnahe Erkennung von ermittlungstechnisch relevanten Personen“ untersucht und es werden „Strategien für nachhaltige Einsatzszenarien“ entwickelt. Beteiligt sind die Polizei Hamburg, das Mobile Einsatzkommando Karlsruhe und ein „Internetsoziologe“ vom Netzwerk Terrorismus- und Extremismus-Forschung. Das Vorhaben wird von der US-Firma L-1 Identity Solution koordiniert, die mit der Bundespolizei eine Biometrie-gestützte Grenzkontrolle einführt.

Verschiedene Fraunhofer-Institute arbeiten an der Entwicklung einer automatisierten Mustererkennung von Bildern und Videos mit kinderpornographischen Inhalten.

Der evidente Wandel zum Tatmittel Smartphone verlangt schnelle, bezahlbare und effektive Funktionen der Mobilgeräte-Forensik, denn die Beweise finden sich heute mehr und mehr auf Smartphones und online-Apps, statt wie zuvor auf PCs und Laptops. Die Nutzer können so MMS-artige Nachrichten mit Fotos, Videos und Zeichnungen als Anhang verwenden. Die Kommunikation erfolgt in diesen Fällen über den Datenpfad, so dass Nachrichteninhalte nicht in den Datensätzen der Gesprächsdetails der ISP aufgezeichnet werden. Das verlangt nach neuen Techniken wie z.B. die von MSAB vertriebenen Software XRY und XAMN. Die Inhaltserkennungsfunktion filtert automatisch sämtliche Fotos heraus, auf denen Menschen abgebildet sind. Hash-Filter und Hash-Merklisten können genutzt werden, um Bilder herauszufiltern, die bereits als kinderpornografische Daten bekannt sind. Solche Bilder können entsprechend markiert und ausgeschlossen werden. Wenn “neue” Bilder gefunden werden, können diese markiert, gehasht und im Project-VIC-Format exportiert werden. So können sie dann an andere Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden. XRY ermöglicht Ermittlern eine superschnelle Verarbeitung von Bildern – bis zu 15 Mal schneller mit Computern mit CUDA-fähigen NVIDIA-Grafikprozessoren. XAMN bietet Ermittlern die Möglichkeit, Daten aus unter-schiedlichen Fällen in einer Ansicht zu betrachten – um Zusammenhänge zwischen Verdächtigen und Opfern zu finden. Das mit dieser Software erlangte Beweismaterial ist forensisch sicher und verfügt über ein verifiziertes Protokoll, über das sich die Rechtsgültigkeit digitaler Beweise nachweisen lässt.

Eine zumindest bundeseinheitliche Strategie, besser noch eine europäische, zur Bündelung der Ressourcen, der Finanzmittel und des Personaleinsatzes wären auch hier wünschenswert.

NCMEC & IWF

Im Jahr 2019 registrierte die deutsche Polizei 12.262 Fälle von Kinderpornografie[34]. Das entsprach einem Zuwachs von fast 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Daten sind um etwa 2.100 weitere Fälle zu ergänzen, die vom US-amerikanischen National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) übermittelt wurden, zu denen aber keine Pesonendaten vorliegen.

NCMEC arbeitet eng mit amerikanischen Internetanbietern und Serviceprovidern wie Facebook, Microsoft, Yahoo oder Google zusammen, die ihre Datenbestände und die über ihre Dienste verbreiteten Daten mittels modernster Filtertechnologien permanent nach Missbrauchsabbildungen scannen. Die festgestellten Dateien werden von den ISP gelöscht und die verfügbaren Informationen werden dem NCMEC übermittelt (17 Millionen Fälle sexuellen Missbrauchs). Insgesamt gingen 2019 beim BKA über 62.000 NCMEC-Hinweise auf mögliche strafbare Handlungen in Deutschland ein. Aus diesen 62.000 Hinweisen ergaben sich 21.600 Fälle, die im BKA ausgewertet und an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Bundesländer weitergeleitet wurden, um dort in eigener Zuständigkeit Ermittlungsverfahren einleiten zu lassen[35]

Auch das englische Pendent zu NCMEC, die IWF (Internet Watch Foundation) ist ein wichtiger key actor. In einer 3-Monats-Studie, gesponsert von Microsoft, fand es 2.082 live-streamed Bilder Bilder von sexuellem Kindesmissbrauch[36]. Das IWF warnte am 18.05.2018 vor den erkannten Trends dieser Untersuchung: 98 Prozent all dieser Opfer des sexuellen Missbrauchs waren jünger als 13 Jahre alt, das jüngste war gerade mal drei Jahre. Fast jedes fünfte Kind wurde vor laufender Kamera vergewaltigt, sexuell gequält oder gefoltert, in 40 Prozent handelte es sich um schweren sexuellen Missbrauch (Kategorie A oder B),  ein besonders alarmierender Hinweis auf „grooming“ und „sexting“ .(“youth-produced sexual images”) sei, dass die Kinder offensichtlich in ihrer häuslichen Umgebung aufgenommen worden seien[37]. Darüber hinaus gehörten in den letzten sechs Monaten vor der Publizierung des Berichts beachtliche 38 % aller an IWF berichteten Nachrichten/Bilder inzwischen zur Kategorie „selbst-aufgenommene“ Bilder. Zunehmend gelingt es also Pädokriminellen, mit gefakten Identitäten (gleichaltriges Kind) das Vertrauen der Opfer zu erschleichen, um heimliche Aufnahmen zu fertigen. Der Missbrauch findet statt, obwohl der Täter nicht im Raum ist. Das bedeutet, dass jede Plattform, die live-streaming-Dienste anbietet, Tatort werden kann[38]. Die alternative Interpretation wäre, dass immer mehr Jugendliche/Kinder selbst inkriminiertes Bildmaterial von sich oder Peers produzieren und verbreiten

IWF setzt methodisch einen selbst entwickelten „Crawler“ ein, der über 470.000 Hashs bekannter sexueller Missbrauchsabbildungen und -filme gespeichert hat, um 2019 fast 72 Millionen Webseiten und rund zwei Drittel von einer Milliarde Bildern nach Duplikaten zu scannen. Zudem bietet IWF Usern die Möglichkeit, Bilder/Filme mit sexuellem Missbrauch mit dem „Report criminal content“-button anonym zu melden.

 

In ihrem Report 2019 berichtet die IWF von rund 260.500 gemeldeten Fällen, von denen fast 133.00 Bilder/Filme sexuellen Missbrauch zeigen (+25% zu 2018) und fordert von der EU eine „Zero-Toleranz-Politik“, denn in 9 von 10 Fällen stehen die Server in Europa (2018: 79 Prozent) und 73 Prozent der Fälle des Vertriebs sexueller Missbrauchsabbildungen stammten aus den Niederlanden (2018: 47 Prozent).

Europol

Europol ist die europäische Polizeibehörde, die nun 27 Mitgliedstaaten im Kampf gegen Terrorismus, Cybercrime und andere Formen schwerer und organisierter Kriminalität unterstützt – durch die Erstellung von Lagebildern (Situation Reports) und Beurteilungen von Bedrohungslagen (Threat Assessments), Informationssammlungen und -analysen, Informationsaustausch sowie durch operative Aktivitäten. Europol ist jedoch kein „europäisches FBI“, weil ihm exekutive Befugnisse fehlen. Obwohl das Europäische Parlament mittlerweile einige wichtige Kontroll-Zuständigkeiten erhalten hat, bleibt das Defizit an parlamentarischer Kontrolle Europols bestehen. Hinzu kommt, dass die „Gemeinsame Kontrollinstanz“, die für die datenschutzrechtliche Überwachung Europols zuständig ist, die Anforderungen an eine unabhängige Kontrollinstanz nicht ganz erfüllt.

Die Mitgliedsstaaten sehen nach wie vor die innere Sicherheit als zum Kernbereich nationaler Souveränität gehörig, was die langjährigen Widerstände gegen die Behebung von klassischen „Geburtsfehlern“ erklärt: Die deliktischen Abgrenzungen, das Übergewicht/die Autonomie der Analyse („intelligence-led“ vs. „expert-led“), die Überbetonung „nachrichtendienstlicher“/datenschutzrechtlicher Regeln („need to know principle“ vs. „need to share principle“) und die zu geringe Beteiligung an operativer Polizeiarbeit.

Von Anfang an gut lief die Zusammenarbeit der Europol Liaison Officers, der nationalen Verbindungsbeamten, die in ihren nationalen Büros unter dem Dach Europols arbeiten, von den nationalen Zentralstellen entsandt sind, nach nationalem Recht arbeiten und derer nationalen Fach- und Dienstaufsicht unterliegen.

Mit der Schaffung von Befugnissen für mehr operative Tätigkeiten im Rahmen der so genannten gemeinsamen Ermittlungsgruppen („Joint Investigation Teams “- JIT), wurde eine für alle Strafverfolgungsbehörden segensreiche Entscheidung getroffen.[39] Grundsätzlich agiert Europol nur auf Anforderung eines EU-Mitgliedsstaates; nach Art. 7 der Europol Council Decision[40] darf Europol aber auch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten auffordern, zu ermitteln[41]. Grundsätzlich soll Europol die nationalen Polizeien aber nicht ersetzen, sondern sie in ihrer Arbeit unterstützen. Mit Europol’s new Regulation, die am 01.05.2017 in Kraft trat, wurde endgültig der Weg zur einer effektiveren, flexibleren und mehr operativen Polizeiagentur geebnet, ohne dass Europols Kernfunktionen, Unterstützung und Stärkung der strafverfolgenden Tätigkeiten von mehr als zwei EU-Mitgliedsstaaten, geändert wurde. Europol darf künftig in begründeten und genehmigten Einzelfällen unmittelbar mit den zuständigen Behörden in den EU-MS zusammenarbeiten, die nationalen Zentralstellen sind nur noch zu informieren. Europol, Eurojust und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF richten auf der Basis eines Treffer-/Kein-Treffer-Systems einen Informationsverbund ein, um diesen Informationsaustausch weiter zu intensivieren.

Damit Europols Funktion als Knotenpunkt für den Informationsaustausch der EU-Mitgliedsstaaten noch besser gewährleistet werden kann, wurden weitere verpflichtende Regelungen für die Informationsübermittlungen mit Dritten eingeführt und der innereuropäische Informationsaustausch ausgeweitet, z.B. werden danach auch bilaterale Informationsaustausche nachrichtlich Europol zu melden sein. Zum Informationsaustausch insgesamt wird Europol künftig jährlich dem Parlament, dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten berichten.

Cybercrime ist heute einer der neun Schwerpunkte, die Europol im Rahmen seiner Arbeitsplanung (four-year Policy Cycle – EMPACT, 2018-2021) und bei der Priorisierung seiner Aufgaben setzt: Der Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und die Verbreitung von Missbrauchsabbildungen und -filmen sexueller Gewalt an Kindern[42]  steht dabei ganz oben auf der Liste. Der sexuelle Missbrauch von Kindern, die Herstellung und online-Verbreitung von Missbrauchsbildern und -filme ist ein ständig wachsendes Phänomen, das verschärft wird durch die technischen Entwicklungen (mobile Vernetzungen, flächendeckende Internetanschluss-möglichkeiten – auch in Entwicklungsländern, wachsender Markt von Streaming-Lösungen und -dienste, die Nutzer immer stärkere Anonymität bieten, und die zunehmende Kommerzialisierung dieses pädokriminellen Marktes).

Das European Cybercrime Centre (EC3) wurde schon am 11.01.2013 installiert. Es ist die europäische Zentralstelle für alle Cybercrimefragen und soll die europäische Expertise und Analyse zusammenführen, um die Ermittlungsarbeiten von Polizei und Justiz der Mitgliedsstaaten zu unterstützen – in Kooperationen, mit Partnerschaften und mit gemeinsamen Verantwortlichkeiten.

Aktuell ist die Zahl von Missbrauchsabbildungen und -filmen, die in Europols Datenbank gesammelt und analysiert werden, auf fast 47 Millionen angewachsen, eine fast gleiche Menge (45 Millionen) berichtete NCMEC in den USA für 2019, was dort eine Verdopplung der Anzahl der Bilder im Vergleich zum Vorjahr bedeutete.[43]

Abb.4

STRATEGY: Die beiden strategischen Teams sorgen

  • für Prävention und Management (Gründung von Partnerschaften, Entwicklung standardisierter Aus- und Fortbildung, Koordination von Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen).
  • Strategie und Entwicklung (Strategische Analyse, Formulierung von Maßnahmen der Gesetzgebung und der Politik) und Steuerungsmaßnahmen für das Internet.

FORENSIC EXPERTISE: Die zwei forensischen Teams („Digital Forensics“ und „Document Forensics“), dienen der Forschung, Entwicklung und operative Unterstützung der Mitgliedsstaaten.

OPERATIONS: Von den abgebildeten Teams sind für den Gegenstand dieser Studie von besonderer Bedeutung

  • die Unit „Cyber Intelligence“ (für die nicht-operative, strategische Analyse);
  • das Analyseprojekt „AP TWINS“ (Prävention und Repression aller Formen der Kriminalität, die im Zusammenhang mit der sexuellen Ausbeutung und dem sexuellen Missbrauch von Kindern stehen; dies umfasst auch die Herstellung und Verbreitung von Missbrauchsabbildungen und -filmen sexuellen Missbrauchs von Kindern auf allen online-Umgebungen und jegliches andere kriminelle Verhalten, das online zum Nachteil von Kindern begangen wird, wie z.B. grooming, selbst hergestelltes unzüchtiges Material, sexuelle Erpressung und live-Fernübertragung sexuellen Missbrauchs.
  • EC3 betreibt darüber hinaus ein Projekt namens HAVEN (Halting Europeans Abusing Victims in Every Nation), mit welchem die Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten dabei unterstützt werden können, pädokriminelle Sextouristen zu detektieren, die in typische „Opferländer“ reisen, um dort ihre Straftaten zu begehen. Die europäischen Strafverfolgungsbehörden sollten auch Europols PNR-Datenbank (“Passenger Name Record”) nutzen und die Hilfe des Travel Intelligence Teams von Europol anfordern.
  • die „Joint Cybercrime Action Taskforce (J-CAT)“, die seit September 2014 gemeinsam mit EC 3 die größten und wichtigsten Cybercrime-Fälle der EU-Mitgliedsstaaten mit Analyse und Auswertung wie folgt unterstützt (mit dem so genannten „intelligence-led approach“): Die 18 Strafverfolgungsbehörden, die Mitglied der J-CAT sind, kommen aus 16 Staaten, davon sind neun EU-Mitgliedsstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien und Spanien mit zwei verschiedenen Polizeiagenturen), und sieben non-EU-Staaten (Australien, Canada, Großbritannien, Kolumbien, Norwegen, Schweiz und die USA mit zwei Polizeiagenturen). Ein zugewiesener Verbindungsbeamter von Eurojust (der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) nimmt an den wöchentlichen Lagebesprechungen teil, um die justizielle Begleitung der Ermittlungsverfahren zu sichern. Sexueller Kindesmissbrauch ist eines der vier Prioritäten von J-CAT. Die Anzahl der vollendeten Operationen steigt kontinuierlich von Jahr zu Jahr (2019 waren es schon multinationale 18 Operationen);
  • CEPOL, die European Union Agency for Law Enforcement Training veranstaltete im Rahmen ihres Awareness-Programs, jährlich mehrere mehrsprachige webinars, mit denen 2019 mehr als 580 Stafverfolgungsbeamte aus 30 Staaten in Sachen J-CAT beschult werden konnten.
  • EC3 betreibt in enger Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten eine spezielle Website („#TraceAnObject“), analog zur gleichnamigen FBI-Seite mit gleichem Ansatz), wo zu abgebildeten Objekten (zumeist Einrichtungsgegenstände oder Kleidungsstücken missbrauchter Opfer) anonyme Hinweise auf Täter, Opfer oder Tatorte geben zu können. 2019 wurden 24.000 Hinweise registriert, die zur Rettung von neun Kindern führten, die sexuell missbraucht worden waren.

(Internet: www-europol.europa.eu/stopchildabuse,Twitter: #StopChildAbuse).

Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA)

Jährlich veröffentlicht Europols EC3 einen Bericht („Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA)“, zuletzt am 09.10.2019[44], in dem die drastische Überlastung der schieren Zahl der Missbrauchsabbildungen im Internet beklagt[45] wurde.

Abb.5

Folgende zentrale Bereiche (key areas) bei Methoden und Mitteln des sexuellen Kindesmissbrauchs (CSEM: Child Sexual Exploitation Material) wurden in diesem Bericht herausgestellt:

  • Peer-to peer Netzwerke (P2P), die zumeist Applikationen der sozialen Medien nutzen; dabei sind der zunehmend anonymisierter Zugang zum Darknet (z.B. mit Virtual Private Networks (VPN) oder Tor[46]) und die Verbreitung von Verschlüsselungstechnik die wichtigsten und zentralen Bereiche. Dort wird der Zugang zu Missbrauchsabbildungen und -filmen gefunden, dort werden diese weiterverbreitet und dort muss vordringlichst der Kampf gegen die Produktion und den nicht-kommerziellen Vertrieb dieses Bild- und Filmmaterials geführt werden;
  • Live-streaming von sexuellem Kindesmissbrauch wird durch ständig verbesserte/verbilligte oder gar neue Technologien erleichtert (z.B. Skype, Periscope, etc.). Dies gilt insbesondere für den Kindesmissbrauch in überseeischen Gebieten (Philippinen), oft auf Anforderungen westlicher Kunden. Das Phänomen des “Live-und Tele-Missbrauchs“ (“Live distant child abuse”-LDCA) wurde als eines der bedeutendsten Treiber im kommerziellen Vertriebsbereich („pay-per-click“) von Child Sexual Extortion Material (CSEM) festgestellt.

Neue Bilder oder Filme sexuellen Missbrauchs von Kindern, die live eingespeist werden, sind nicht nur rein mengenmäßig einfach mehr Bilder oder Filme, sondern häufig auch eine wertvolle „Währung“ in der Tätergemeinde und oft die „Eintrittskarte“ für pädokriminelle Chatrooms, für das Darknet und für manch andere dunkle Kreise.

  • Als relativ neues Gefährdungsmoment sieht EC3 die aktuelle Entwicklung der so genannten „Deepfake“-Technologie, eine AI-basierte Technik, mit der Bilder/Videos in andere Videos integriert werden können. Dadurch wird möglich, bekannte Persönlichkeiten in pornografische Videos zu kopieren. Obwohl diese Technologie relativ neu ist, entwickelt sie sich sehr schnell, ist einfach zugänglich und zu handhaben. Kernprobleme zur Authentizität des Sachbeweises müssen gelöst werden, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.
  • Online-Ansprachen und sexueller Missbrauch korrelieren stark. Immer mehr Kinder und Jugendliche verfügen über ein eigenes Smartphone, immer mehr Kinder und Jugendliche stellen gedankenlos selbst unzüchtiges Material her (Europol: Self-generated explicit material/ SGEM). MMS-artige Nachrichten mit Fotos, Videos und Zeichnungen werden meist als Anhang verwendet, also erfolgt die Kommunikation in diesen Fällen nicht über den Datenpfad und Inhalte werden daher nicht in den Datensätzen der ISP aufgezeichnet. Für Ermittler ein zusätzliches schwerwiegendes Problem. Immer öfter findet dieses CSEAM auf Umwegen (Agenten, Hacker, Facebook, Groomer u.a.) seinen Weg zu Pädokriminellen, die u.a. mit dem Ziel des späteren Missbrauchs des Opfers auch den Kontakt zu ihnen aufbauen (grooming) oder sie mit den Bildern erpressen oder zur Herstellung weiteren CSEAMs nötigen. Die modi operandi sind unverändert: Meist beginnt der Tatverlauf mit einem einfachen chat im open web, über eine der vielen Dienste der sozialen Medien (Facebook, Instagram, online gaming, live video platforms …), häufig mit einem völlig falschen Profil oder mit der Behauptung, gleichaltrig zu sein. Nach dem Aufbau eines Vertrauensverhältnisses folgt die Aufforderung auf verschlüsselte Applikationen umzusteigen (z.B. WhatsApp oder Viber), um dort das inkriminierte Bild-/Filmmaterial besser und angeblich sicherer austauschen zu können. Danach wird das CSEAM für den weiteren Missbrauch, für Mobbing oder Erpressung etc. benutzt.

Abb. 6

Quelle: LKA NW, Präventionsvideo Cyber-Kompetenzzentrum

Seit 2018 versucht EC3 mit dem jährlichen European Youth Day at Europol (EYD), in Gesprächen seiner Cybercrime-Experten mit Minderjährigen (12 – 15 Jahre alt) auf die online-Gefahren aufmerksam zu machen (zuletzt am 11.02.2020).

Diese Aktion knüpft an die vorherige SayNo!campaign an, die mehr präventiv gegen die sexuelle Nötigung oder den sexuellen Missbrauch kämpfte und soll immer am 18. November eines Jahres stattfinden, am European Day of the Protection of Children Against Sexual Exploitation and Sexual Abuse, um an die 1989 UN Convention on the Rights of the Child zu erinnern, die am 20.November verabschiedet wurde.

Diese Aktionen und dieser Termin müssten EU-weit viel stärker betont, wiederbelebt und instrumentalisiert werden.

 Letztlich hat Europol ein operatives Zusammenarbeitsabkommen mit Interpol geschlossen. Das Abkommen kann auf der Internetseite von Europol (www.europol.europa.eu) abgerufen werden.

EC3 Co-operationen

Im Einklang mit Kapitel V von Europol’s New Regulation arbeitet auch EC3 mit einer Reihe von externen Partnern zusammen um seine Aufgaben noch besser zu erfüllen.

  • Um Missbrauchsabbildungen /-filme zu verhindern, sie im Netz zu detektieren, zu verfolgen und zu verhindern, dass sie weder in P2P-Gruppen angesehen und weiter verbreitet werden, noch kommerzialisiert Verwendung finden können, arbeitet EC3 mit speziellen Berichten auch der von der Europäischen Kommission finanzierten European Financial Coalition against Commercial Sexual Abuse of Children Online (EFC),[47] zu, einem Netzwerk von Strafverfolgungsorganen, NGOs und öffentlichen/privaten Partnern (Stakeholder), das ebenfalls CSEM bekämpft.
  • EC3 arbeitet auch mit ENISA, der European Union Agency for Cyber Security zusammen; Europol verabschiedete 2016 ein Joint Statement, in dem insbesondere kritische Fragen zur Proportionalität von Strafverfolgung vs. Datenschutz und Ver- oder Entschlüsselung behandelt wurden[48].
  • EC3 arbeitet auch mit dem European Crime Prevention Network (EUCPN) zusammen, das 2015 einen Bericht zum Thema “Cybercrime: a theoretical overview of the growing digital threat“ vorstellte.
  • EC3 beteiligt sich ebenso bei der Virtual Global Taskforce (VGT)[49], ein weltweiter Verbund von Strafverfolgungsbehörden, die sich ebenfalls vor langem dem Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern verschrieben haben. Die ‚P4-Strategie‘ der VGT umfasst:

Persue:           Verfolgung von Tätern und Netzwerken;

Prevent:         Verhinderung von Tatgeschehen und Tatgelegenheiten;

Protect:          Schutz der Kinder, Opfer oder Sekundäropfer zu werden;

Prepare:        Strafverfolgungsbehörden für den Kampf gegen CSE fit zu machen.

Auf der VGT-website gibt es einen “Berichtsknopf” („Report Abuse button“) mit dem Verdachtsfälle auf Kindesmissbrauch global gemeldet werden können – ein sehr effektives Mittel zur Bekämpfung der CSE.

  • Die Opfer werden stets mindestens zweimal viktimisiert: Bei der Aufnahme der Bilder/Filme und dann, wenn der Pädokriminelle die Bilder weltweit ins Netz stellt. Zur Identifizierung von CSE-Opfern ist eine enge internationale Zusammenarbeit aller Strafverfolgungsbehörden und Experten-Organisationen unabdingbar; 2015 veranstaltete EC3 deshalb eine 12-tägige Tagung der internationalen Victim Identification Taskforce (VITF), bei der Experten von 11 Polizeibehörden und -organisationen zusammenkamen[50] und über 240 neue CSEM-Sammlungen in Interpols Datenbank „Child Sexual Exploitation Image“ (ICSE DB) eingespeist werden konnten. Der Erfolg ermutigte Europol, weitere solche Fachtagungen zu veranstalten. Im Mai 2019 fand bereits die sechste, nunmehr zweiwöchige VITF-Tagung in Form eines workshops statt, bei der sich nunmehr 34 Experten aus 24 Staaten und Analyse-Experten von Interpol mit Europols EC3 trafen, um sich auszutauschen. Insgesamt konnten 466 neue Datensets zusammengestellt und in Interpols ICSE-Datenbank eingespeist werden, weitere 280 bereits bestehende Datensets konnten angereichert werden. Vermutlich konnten bereits dadurch drei weitere Opfer sexuellen Missbrauchs an Kindern identifiziert werden (je eines in der EU, USA und der RF).
  • Im Bereich der public-private co-operation arbeitet EC3 auch mit der 2014, u.a. von der Europäischen Kommission ins Leben gerufene Organisation WePROTECT Global Alliance to end child sexual exploitation online[51] Diese Organisation ist aus einer Fusion der britischen WePROTECT und der EC-US- Organisation Global Alliance to end child sexual exploitation online, entstanden, die 2012 von 54 Staaten gegründet worden war. Beide Organisationen zusammen zählen derzeit über 80 Regierungen, 20 global agierende Technologieunternehmen und 24 führende internationale Organisationen und NGO.

2016 veröffentlichte „die Fusion“ die Leitlinien „‘Preventing and Tackling Child Sexual Exploitation and Abuse (CSEA): A Model National Response’. Diese Leitlinien sollte es Staaten ermöglichen, die eigene Gesetzgebung, ihre Strukturen und Organisationen zu überprüfen, Schwachstellen zu erkennen und Maßnahmen zu priorisieren, um die Selbstverpflichtungen im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch effektiver umzusetzen. Ob es eine Evaluierung gab, oder ein Monitoring dieser Leitlinien erfolgte, ob es Berichte, Ergebnisse, o.ä. gibt, konnte nicht festgestellt werden. Dennoch: Ein interessanter und vielversprechender Ansatz, der die internationalen Rahmenvorgaben der verschiedenen Akteure (Vereinte Nationen, EMPACT, NCMEC, EC3…) endlich vereinen könnte.

  • Auch mit der GSMA Mobile Alliance Against Child Sexual Abuse Content (kurz: the Mobile Alliance), die 2008 gegründet wurde, arbeitet EC3 zusammen. Diese Internationale Gruppe bringt Vertreter der Smartphone- (mobile-) Industrie zusammen, um u.a. zu verhindern, dass die mobile payment services von Organisationen oder Individuen missbraucht wird, um CSEA zu monetisieren. Dadurch soll das online-Volumen von CSEA-Material reduziert werden. Die Operatoren werden angehalten, jegliche Information über CSEA unverzüglich und direkt den nationalen Hotlines (NCMEC, IWF, BKA…[52]) zu melden, bzw. dort, wo es (immer) noch keine Hotlines gibt, den jeweiligen nationalen Polizeibehörden.
  • EC3 ist auch Teil der weltweiten “Internet Regierung”, der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), die geschaffen wurde, um ein sicheres und stabiles Internet zu schaffen. Namentlich ist es Mitglied der Public Safety Working Group (PSWG) seines Governmental Advisory Committee (GAC) und unterstützt hier den Kampf gegen den Domain Name System (DNS) Missbrauch (Malware, Botnets, Phishing, Pharming und Spam), der weltweit nicht nur mengenmäßig drastisch zunimmt[53]. ICANN sieht übrigens auch ohne gerichtliche Anordnung explizit in vier Fällen eine unmittelbare Handlungspflicht von Register und Registraren – und eine davon ist der sexuelle Missbrauch von Kindern, weil in diesen Fällen physische und oft irreparable Bedrohungen und Beschädigungen für menschliches Leben ausgehen.
  • Auf gesamteuropäischem Niveau ist EC3 in diesem Kriminalitätsbereich auch eng mit dem Europarat („Council of Europe – CoE“) verbunden: 2010 trat die Council of Europe Convention on the Protection of Children against Sexual Exploitation and Sexual Abuse (CETS No. 201) in Kraft[54], die nach dem Tagungsort auch als „Lanzarote Convention“ bekannt ist und auf der UN-Kinderrechtskonvention (CRC) fußt. Art. 34 der CRC fordert von allen Staaten unmissverständlich, Kinder vor allen Formen sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs zu schützen. Für den Europarat und für die Vereinten Nationen sind „Kinder“ Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben[55]. Die CoE-Konvention verpflichtet die Teilnehmerstaaten, sexuellen Missbrauch von Kindern präventiv und repressiv stärker zu bekämpfen, die Rechte der Kinder-Opfer zu stärken und internationale Kooperation in der Bekämpfung dieser Kriminalitätsformen zu intensivieren, die vom CoE unter anderem Namen geführt wird: Online Child Sexual Exploitation and Abuse (OCSEA). Die Umsetzung dieser Maßnahmen überwacht das sog. Lanzarote Committee, das aus von den MS nominierten Experten besteht und in Straßburg tagt, wenn mindestens ein Drittel seine Mitglieder dies beantragt. Da die EU (wie die UN, Europol, Interpol, u.a.) Teilnehmer dieser Meetings sind, sollte mit einem Antrag an den CoE, Directorate-General I – Human Rights and Rule of Law davon Gebrauch gemacht werden.
  • Europol unterstützte auch die Präventionskampagne des CoE „KIKO And The Hand“[56], die Kinder von 3-7 Jahren erreichen will, um ihnen die „Unterwäsche-Regel“ beizubringen: Alles am eigenen Körper, was normalerweise von der Unterwäsche bedeckt ist, gehört nur dem Kind selbst und darf ohne seine Erlaubnis nicht von anderen berührt werden. Gelehrt wird zudem, dass es gute und schlechte Berührungen gibt, dass es gute und schlechte Geheimnisse gibt, oder dass es das Recht hat, Küsse oder Berührungen zu verweigern, selbst wenn sie von Verwandten kommen. Kinder sollen lernen, NEIN zu sagen und solche Vorfälle einem Erwachsenen erzählen, dem sie vertrauen. Dieser Präventionsansatz scheint sich in den vergangenen Jahren nicht mehr durchgesetzt zu haben und sollte je nach aktuellem Sachstand intensiviert/reaktiviert werden.
  • Europol unterstützt auch die CoE-Initiative „Missing Children Europe“[57] und das damit verbundene CoE-Projekt „Together against sexual exploitation of children“, welches die Umsetzung der von der EU-Directive 2011/93/EU geforderten gesetzgeberischen Maßnahmen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs, der sexuellen Ausbeutung und der Kinderpornografie überwachte.
  • EC3 übernahm 2015 die Aufgaben der European Financial Coalition against Commercial Sexual Exploitation of Children (EFC), die den online-Kindesmissbrauch bekämpfen wollte, indem sie die Hauptakteure zusammenführte, die für die Überwachung und Finanzierung der Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) mit Missbrauchsinhalten zuständig sind („follow the money“).
  • Die Europol-Initiative Police2Peer ist ausgerichtet auf Personen, die in P2P-Netzwerken versuchen, auf CSEA-Material zuzugreifen oder dieses zu teilen. Die Strafverfolgungsbehörden stellen in diese File-Sharing-Netzwerke eigene Dateien ein, die wie CSEA-Material aussehen, meist jedoch Dateien ohne Inhalt sind. Sobald eine Person versucht, diese scheinbar missbräuchliche Datei herunterzuladen, warnt die Polizei vor den rechtlichen Risiken und gibt Informationen, wo Hilfe angeboten wird.
  • EC3 arbeitet eng mit dem UNODC zusammen, dem UN Office on Drugs and Crime Die Vereinten Nationen, die vor 30 Jahren die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedete (CRC), stellte in einer Analyse vom Januar 2020 (pdf-Version nach Bezahlschranke) international eine deutliche Zunahme des Kriminalitätsphänomens Kindesmissbrauch und -ausbeutung (Child Abuse and Exploition – CSA/E) fest[58]. Der zuletzt veröffentlichte Jahresbericht von UNODC fokussiert inhaltlich aber auf Terrorismusbekämpfung, Transnationale Organisierte Kriminalität, Drogenkriminalität, Korruption und Stärkung der Kriminalprävention / Effiziierung der Strafverfolgungssysteme und geografisch eher in Afrika, Südamerika und Asien. Das UNODC Global Programme on Cybercrime erwähnt zwar die weltweite Unterstützung bei der Verbesserung der Legislative und beim Expertentraining zur Bekämpfung der CSA/E, das Thema wird aber außer durch die Produktion von zwei Handbüchern zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder nicht vertieft; es hat dort derzeit offensichtlich keine Priorität[59].
  • Europol’s C3 arbeitet auch mit privaten Unternehmen und der Industrie zusammen, namentlich mit Internet Service Providern (ISP/OSP), um die Flut der CSEM zu detektieren, zu bearbeiten und gerichtsfest aufzubereiten – ein absolutes, international anerkanntes „must have“, um CSEM einzudämmen. Dafür sucht es Hilfe durch Einsatz von künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence – AI“), Gesichtserkennungssystemen (Face Recognition Systems) oder neuer forensischer Technologien für die Untersuchung von Mobilgeräten (z.B. MSAB[60]). Gesucht werden ähnliche Modelle wie z.B. wie bei der erfolgreichen „No-More-Ransom-Initiative“, die vor zwei Jahren zusammen mit der niederländischen Polizei und zwei Industriepartnern ins Leben gerufen wurde und den „Kunden“ nicht nur relevante Informationen anbot, sondern mehr als 60 Werkzeuge zur freien Entschlüsselung von über 100 Arten von Verschlüsselungs-Schadsoftware zur Verfügung stellte.
  • Vor allem muss die Europol-Konvention fortgeschrieben werden, um der Agentur mehr operative Rechte einzuräumen. Um im Kampf gegen CSEAM effektiver führen zu können, muss Europol personenbezogene Daten direkt von den OSP und anderen Datenbesitzern der Privatwirtschaft erhalten dürfen. Das Gesetzgebungsprogramm der Europäischen Kommission hatte für Ende 2020 eine Überprüfung des Mandats für Europol angekündigt. Die angekündigten Rechtsvorschriften, die OSP verpflichten werden, bekanntes Material über sexuellen Kindesmissbrauch den Behörden zu melden, sollte so umgesetzt werden, dass diese OSP diese Daten Europol, EC3, anliefern sollen, nachrichtlich den nationalen Zentralbehörden, und sollten so schnell wie möglich verabschiedet werden.

Europol will den EU-MS bei Ermittlungsverfahren eine Top-Level-Unterstützung bieten (insbes. bei kriminellem Missbrauch von Verschlüsselungstechnik oder Kryptowährungen), inklusive Werkzeuge und Dienste, die den EU-MS zentral zur Verfügung gestellt werden können. Dabei bedarf es immer mehr operative Unterstützung und ein enges Zusammenspiel mit dem strategischen und taktischen Bereich. Dazu gehört neben der Analyse krimineller Verfahrensweisen und Trends auch die Bewertung von neuen und zukünftigen Technologien. Das Ziel ist, einen pro-aktiven, umfassenden und effektiven Ansatz der Ermittlungsbehörden zu ermöglichen. EC3 und seine vielen verschiedenen Partner in den Bereichen Strafverfolgung, Industrie und Wissenschaft sind ein Paradebeispiel für die Möglichkeiten einer vernetzten Reaktion auf Cyber-Kriminalität. Das Modell erlaubt allen Partnern, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, zu koordinieren und zu priorisieren und führt letztlich zu internationalen Erfolgen, wie die kürzlich erfolgte Schließung zweier großer Darknet-Marktplätze. Solche Lösungen brauchen wir auch für CSEM. Das geplante Innovationszentrum und -labor als Ansprechstelle für die national einzurichtenden Zentren ist der richtige Schritt in eine bessere EU-weite Kooperation zur Bekämpfung der CSEA-Kriminalität.

Es ist zu leicht vermuten, dass in der weiteren digitalen Entwicklung, z.B. dem Internet of Things (IoT), dem Internet of Everything (IoE) und den Cyber-Physical Systems (CPSs) jede Menge Cybercrime-Elemente schlummern werden. Die Cybercrime-Forensik wird künftig eine enorme Bedeutung erfahren und essentieller Teil aller Strafverfolgungsbehörden werden – weltweit.

Über die enge Zusammenarbeit zwischen Europol und Eurojust sowie Europol und Interpol siehe die dortigen Ausführungen.

Eurojust

Eurojust ist die Agentur der EU für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, gegründet 2002 für den Kampf gegen Terrorismus und schwere, organisierte Kriminalität die mehr als zwei (Mitglieds)Staaten betreffen, hält enge Verbindung zum Europäischen Justiziellen Netzes (EJN) und hat mit vielen internationalen Organisationen Abkommen zur Zusammenarbeit geschlossen, vor allem natürlich mit Interpol, Europol, Frontex[61] OLAF[62] und UNODC[63]  Es besteht aus hochrangigen Staatanwälten oder Richtern der EU-Mitgliedsstaaten, die in den nationalen Verbindungsbüros arbeiten.

Abb. 7

https://www.eurojust.europa.eu/sites/default/files/Publications/AnnualReport/AR2019_DE.pdf

Seit September 2019 hat Eurojust ein Register zur Terrorismusbekämpfung (CTR) eingerichtet, um die Intensivierung und Beschleunigung transnationalen Ermittlungen europäischer Staatsanwälte zu ermöglichen. Von Januar 2021 bis Juni 2024 gilt ein neues Abkommen zur grenzüberschreitenden Beweissicherung in Cybercrime-Verfahren, das die 4.500 Praktiker, die auf der SIRIUS-Plattform zusammenarbeiten, noch besser vernetzen wird.[64] Eurojust arbeitet eng zusammen mit dem European Judicial Cybercrime Network (EJCN).

Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist Eurojust ausersehen, den Nukleus für eine künftige europäische Staatsanwaltschaft zu bilden (Art. 85 ff. AEUV).

Eurojust gibt seit 2019 gemeinsam mit Europol und dem EJN den Jahresbericht „SIRIUS EU Digital Evidence Situation Report“ heraus, der zweite wurde im Dezember 2020 veröffentlicht und basiert stark auf einer Umfrage bei den SIRIUS-MS, den ECJN- und EJN-Kontaktstellen von 21 EU-MS und einem Workshop mit Experten aus den USA und Irland. Der Report thematisiert besonders die schwierige und langwierige Zusammenarbeit mit non-EU Online Service Provider (OSP), den komplizierten Prozess der Beweissicherung nach den Regeln der Mutual Legal Assistance (MLA), der allzu oft an der mangelhaften und Standardisierung scheitert (zu langwierig), die EU-weit fragmentarischen Regelungen zur „Vorratsdatenspeicherung“[65] bzw. die EU-weit unbefriedigend Frage nach einem Kostenregelungssystem, die Problematik der zunehmenden Verschlüsselung und die Wirksamkeit der in allen EU-MS zum Zwecke der grenzüberschreitenden elektronischen Beweissicherung eingerichtete-Single Points of Contacts (SPoCs) – Kernthemen auch diese Studie.

Zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit Europol führte Eurojust in 2019 ein Audit durch, um Schwachstellen in der Zusammenarbeit zu erkennen und die Effektivität zu erhöhen und führte zu einer Empfehlung, die in Eurojust‘s Action Plan 2020 ihren Niederschlag fand.[66]

Inzwischen koordiniert und bearbeitet Eurojust über 8.000 Anfragen um justizielle Unterstützung (Report 2019, Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 17 %) und hat eine besondere Bedeutung in den 270 gemeinsamen Ermittlungsgruppen (Joint Investigation Teams – JIT) erlangt. Deren Zahl stieg um 35%. Die fast 4.000 anhängige Fälle, 161 JIT, die aus den Vorjahren fortdauern, und über 1.384 Großeinsätze demonstrieren die zunehmende Komplexität grenzüberschreitender Strafermittlungen und die wachsende Bedeutung von Eurojust.

Im Bericht 2019 wird zwar exemplarisch und relativ ausführlich der Fall einer schwedischen Mutter publiziert, die 2016 ihre fünf Kinder gezwungen hatte, vor einer Webcam zu posieren und sexuelle Handlungen zu vollführen. Die Missbrauchsvideos sollten im Internet verkauft werden. Mit einem JIT konnte in Schweden ein Ring Pädokrimineller ermittelt werden, der insgesamt 12 Kinder missbrauchte; die Mutter floh, konnte aber mit Hilfe Europols 2018 in Malaga/Spanien ausfindig gemacht und festgenommen werden. Schwedische Jugendbehörden waren eingebunden, um die Kinder wieder sicher nach Schweden zurückzubringen. Die Mutter wurde 2019 zu einer Freiheitsstrafe von nur viereinhalb Jahren verurteilt, ein männlicher Kunde, der die CSEA-Materialien wiederholt kaufte, zu dreieinhalb Jahren.

Allerdings ist die Bedeutung Eurojusts im gesamten Bereich Cybercrime mit nur acht Fällen und nur drei Aktionstagen[67] offensichtlich noch recht überschaubar. Um welche Cybercrime-Fälle es sich handelt, ist nicht ausgewiesen. Eine Fachtagung im Juni 2019 war dem Thema Cybercrime gewidmet. Das Kriminalitätsphänomen CSEA ist ansonsten im Jahresbericht im Zusammenhang mit der GLACY-Konferenz[68] vom September 2019 und eher am Rande und/oder im Zusammenhang mit Menschenhandel erwähnt.

Gerade im Hinblick auf die Vermögensabschöpfung bei CSEA-Tätern wäre eine stärkere Aktivität von Eurojust wünschenswert. 

Interpol

Interpol ist die älteste internationale Polizeiorganisation, gegründet 1923 (IKPO), juristisch ein Verein, eingetragen nach französischem Privatrecht und inzwischen auf vertraglicher Basis auf 194 Mitgliedsstaaten angewachsen. Die Interpol führt keine internationalen Kriminalitätsstatistiken und verfügt über keine eigenen Fahnder und Ermittler, sondern koordiniert nur die Zusammenarbeit nationaler Ermittler. Es gilt der Grundsatz der nationalen Souveränität. Überlegungen wie sie derzeit bei Europol angestellt werden, ob man Polizeibeamte mit Exekutivbefugnissen auch im Ausland ausstatten sollte (Stichwort EuroCOP), sind bei Interpol kein Thema.

Die Bedeutung und Wirkung der Interpol ist zunächst ihre Pionierarbeit im Bereich der internationalen polizeilichen Kooperation, besonders im technischen und rechtlichen Bereich. Seit 1997 hat Interpol einen Sitz in der UN als Beobachter. Im Zeitalter der Globalisierung und der internationalen digitalen Vernetzung gewinnt das Interpol-Generalsekretariat durch das Interpol Global Communication System (I-24/7) zunehmend an Bedeutung. Seit 2002 verbindet I-24/7 fast alle Nationalen Zentralbüros (NZB), in Deutschland das BKA, in den USA wurde dafür eigens eine eigene Dienststelle eingerichtet. Der Austausch von Informationen erfolgt in vier offiziellen Sprachen (Englisch, Spanisch, Französisch und Arabisch).

Vor allem aber der Ausbau seiner Funktion als Sammelstelle internationaler Datenbestände, auf die die einzelnen Mitgliedsländer zurückgreifen können, ist von wachsender Bedeutung. Interpol verfügt heute über sehr umfangreiche Datensammlungen, z.B. über Personen, Fingerabdrücke, DNA-Profile vom Tatort oder vom Mundhöhlenabstrich Verdächtiger (noch im Aufbau), gestohlene Fahrzeuge / Fahrzeugscheine und Reisedokumente / Ausweise (Automated Search Facility – ASF), verschwundene Kunstgegenstände, zum unsachgemäßen Umgang mit radioaktivem Material oder eben zum sexuellen Kindesmissbrauch, speziell zu Missbrauchsabbildungen/-filme sexueller Gewalt gegen Kinder.

INTERPOL hat eine eigene Spezial-Einheit für dieses Kriminalitätsphänomen aufgebaut, das Crimes Against Children Team (CACT), in dem über 100 speziell ausgebildete Ermittler aus mehr als 60 Staaten arbeiten, um Informationen auszutauschen und entsprechende Daten mit Kollegen aus der ganzen Welt zu teilen. Diese Gruppe besteht aus Strafverfolgern, regionalen und internationalen Organisationen, NGOs, Vertretern der Wirtschaft und der Wissenschaft, und trifft sich jährlich um neue Trends und Techniken zu diskutieren, um die Analyse- und Ermittlungsarbeit zu verbessern („good practice approach“).

Die Unit betreibt seit 2008 eine spezielle Datenbank, die International Child Sexual Exploitation (ICSE)[69] und sammelt darin mit den an die Datenbank angeschlossenen 64 Staaten[70] und mit Europol über 2,7 Millionen von Bildern, Videos, sonstige digitale und audiovisuelle Inhalte, die die Basis für ihre kriminalistische Analyse und für die Unterstützung der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedsstaaten sind. Algorithmen suchen key words in den pädokriminellen Foren und Chat Rooms, sie sind die basic tools der Ermittler. Die von Interpol inzwischen eingesetzte „Crawler“-Software erkennt u.a. auch die Nacktheit der abgebildeten Personen oder ihr vermutliches Alter (durch strukturierte Gesichtserkennungs-Software). Wenn immer Bilder, Filme oder Texte mit solchen Inhalten im Internet gefunden wird, fügt sie die Software der Datenbank hinzu, nachdem Experten geprüft haben, ob es sich tatsächlich um Missbrauchsabbildungen, -filme oder -texte handelt.

Die Abbildungen/Filme zeigen zwar nur selten den/die TäterIn, sondern meist nur die kindlichen Opfer – manche von ihnen sind jünger als ein paar Tage oder Wochen! Dennoch gelingt es den Ermittlern immer häufiger und schneller, durch den Einsatz spezieller, bildvergleichender Software weltweit über 23.500 Opfer zu identifizieren, Duplikate herauszufiltern, die Verbindungen zwischen den Opfern, den Tatorten und den Tätern herzustellen und 10.752 Tatverdächtige zu analysieren. Den Erfolg zeigt das nachfolgende Schaubild:

Abb. 8

https://www.interpol.int/Crimes/Crimes-against-children/International-Child-Sexual-Exploitation-database

Dennoch bleibt festzustellen, dass täglich immer noch Millionen von Bildern und Filmen missbrauchter Kinder im Netz kursieren, die nicht identifiziert und deren Täter nicht ermittelt werden konnten. Manches CSEA-Material bestimmter Kinder erscheinen über die Jahre sogar immer wieder im Netz.

Eine Studie nach einer Zufallsauswertung des Bildmaterials der ISCE-Database, die Interpol (CACT) im Februar 2018 gemeinsam mit ECPAT[71] International durchführte („Towards a Global Indicator on Unidentified Victims in Chield Sexual Exploitation Material”), ergab, dass es offensichtlich eine direkte Beziehung zwischen Alter/Gender und Schwere der pädokriminellen Verbrechen gibt: Jungen und sehr junge Kinder werden offensichtlich eher Opfer meist schwerer sexueller Gewalt. Anders gesagt: Je jünger die Opfer, desto schwerer der Missbrauch – das gilt selbst für Babys.[72]

Ein weiteres, stetig anwachsendes Problem sei das Phänomen des vom Opfer selbst produzierten CSEA-Materials, das vielfältige Probleme erzeuge.

Die ICSE-Datenbank ist jedoch nicht einzigartig, sie besteht neben zwei anderen, vergleichbaren Datenbanken, eine in den USA (NCMEC Child Recognition and Identification System- CRIS) mit dem angeschlossenen Child Victim Identification Program (CVIP) und in den UK (Child Abuse Image Database – CAID). Bis vor kurzem existierte noch in Kanada bei der Royal Canadian Mounted Police das Child Exploitation Tracking System – CETS-Canada). 2018 kündigte die Australian Intelligence Commission an, eine solche Datenbank mit gleichem Namen (CETS-Australia) zu schaffen.

Die Entwicklung weiterer Datenbanken und zusätzlicher Initiativen auf lokaler oder regionaler Ebene muss daher kritisch hinterfragt werden (wie z.B. das 2013 von den Niederlanden initiierte Projekt „In-4-mation“ oder die vom LKA Niedersachsen entwickelte, lernfähige Bildsichtungs-Software zur Erkennung von CSEA-Material, die seit Juni 2020 im Praxisbetrieb und inzwischen auch schon in mehreren anderen Bundesländern im Einsatz ist.[73]. Vielleicht mit Ausnahme von nationalen Datenbanken für Travelling Sex Offenders (TSO), führen sie eher zu einem Überfluss an Datensystemen, unnötige Duplizierung von Bilddaten, Vergrößerung der Koordinierungsproblemen und insgesamt zu höchst sub-optimalen Ergebnissen in Bezug auf Workflow und Effizienz.

Das Gegenteil ist m.E. erforderlich, zumal ja, technisch gesehen, alle derartigen Datenbanken dem gleichen Hash-Based-Matching-Prinzip folgen. „Microsoft Inc.’s PhotoDNA“ und „Videntifier Technologies’ visual fingerprints“ benutzen bei der Detektion von CSEAM, zudem unterschiedliche Algorithmen, um die Hash-Sets für jedes Bild zu schaffen, die in den nationalen oder internationalen Datenbanken gesammelt werden („hash sets“ = Fingerabdrücke für Bild-Dateien). Seit neuestem arbeiten die Tech-Riesen Facebook/Instagram und Google im „Project Protect“ auch mit Twitter und Dropbox zusammen, um CSEAM ausfindig zu machen und deren Weiterverbreitung zu unterbinden. In der Folge verlagert sich der Markt immer mehr in das Darknet und/oder verschlüsselt in zunehmendem Maß das Material.

Diese Datenbanken für Bild- und Filmmaterial schwellen inzwischen extrem an. In einem durchschnittlichen Ermittlungsverfahren fallen inzwischen einem bis drei Terabyte an Daten an (Netclean 2017). Millionen von Bildern und Tausende Stunden an Videos warten auf tiefergehende Analysen für jeden Verdächtigen und für jedes Opfer. Da ist es sinnvoll, erst zentral und automatisiert CSEA-Material zu checken, um danach die zusammengefassten und bereinigten Zwischenergebnisse den IT-Forensikern zu präsentieren – auch aus Gründen der Fürsorge und der mentalen Hygiene.

Zentrale hash-sets erleichtern auch die Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor; so nutzen prominente US-Unternehmen wie Google, Facebook und Twitter hash-sets erkannter CSEA-Materialien, die von NCMEC geliefert werden. Damit können sie ihre Plattformen selbst überwachen, um schon den Ladevorgang dieser Materialien zu verhindern. Auch Interpol schuf einen solchen hash-set für sein Projekt „Baseline“, das sich zunächst an Internet Service Provider wendete (ISP), jedoch inzwischen auch non-ISP Unternehmen erreicht.

COSPOL (Comprehensive Operational Strategic Planning for the Police) war 2004 auf Initiative von Norwegen und dem Vereinigten Königreich von der European Police Chief Task Force (EPCTF) ins Leben gerufen worden, vereinte 14 Mitgliedsstaaten[74] und verstand sich als eine Art operative, ermittelnde Ergänzung in der Landschaft der internationalen Organe und Agenturen wie Europol und Interpol, denen es ja bekanntlich an eigenen Ermittlungsbefugnissen mangelt. Ziel von COSPOL sei die Entdeckung und Zerschlagung von kriminellen Netzwerken und Organisationen. Eines der Kriminalitätsphänomene ist die Produktion und die Verteilung von CSEAM. Hierfür wurde das Projekt CIRCAMP (COSPOL Internet Related Child Abusive Material Project) gegründet, das von Europol und Interpol analytisch unterstützt wird (werden muss), obwohl es neben den bestehenden oder möglichen Joint Investigation Teams (JIT) als zusätzlicher, paralleler Akteur m.E. nicht gerade dienlich ist. Der Block- und Filter-Methodik folgend war die Schwerpunktaktion von CIRCAMP die Entwicklung, Implementierung und Verteilung eines Child Sexual Abuse Anti Distribution Filters (CSAADF) – ein eher rein präventiver Ansatz, der gerade die von COSPOL angestrebte intensivierte repressive Ermittlungstätigkeit zur Identifizierung von Opfer, Tatort und Täter verhindert. Acht der Länder nutzen CSAADF, um Webseiten zu blockieren, stellen Listen mit den URLs dieser Webseiten und stellen sie den ISP zur Verfügung, damit diese über die Domainnamen eine Stopp-Seite auf dem Computer/mobilen -endgerät des Nutzers angezeigt wird. Die erfassten Daten werden an Europol weitergeleitet und Interpol erstellt eine „Worst of list of domains (IWOL)“ für die Mitgliedsstaaten.

Dieses Verfahren wird in der Internetgemeinde und von mehreren namhaften NGO durchaus kritisch, als eine Art Zensur gesehen („extreme action“… „goodbye democracy“)[75], zumal es sich als „Büchse der Pandora“ erweisen könnte, wenn .u.a. auch Urheberrechtsverstöße damit gefiltert werden könnten. Eine Reihe anderer guter Gründe spricht gegen diesen Ansatz,[76] der jedoch nach Auswertung offener Quellen nach den heftigen internationalen Datenschutzreaktionen ohnehin seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr von sich reden macht. Es ist schwer verständlich, dass die Europäische Kommission, die Task Force der europäischen Polizeichefs, Europol und Interpol so viel Ressourcen in ein Blockier und Filtersystem investieren, statt die Verbrechen direkt zu verfolgen.

Auch m.E. ist es wichtiger, die CSEA-Produktion zu stoppen als die Verbreitung.

Weder die Strafverfolgungsbehörden und -organisationen, noch die Inhalteanbieter oder die Serviceprovider (OSP) können das Problem alleine lösen. Das Kriminalitätsphänomen Online-CSEA verlangt m.E. auf globalem Niveau eher mehr konzertierte Anstrengungen, Aktionen und mehr Fusionen.

OSP könnten erkanntes CSEA-Material, statt zunächst erst an eine nationale Zentralbehörde, theoretisch durchaus auch unverzüglich an eine globale (Interpol) oder kontinentale Stelle (Europol, NCMEC oder CETS Australia) senden und die nationalen Zentralbehörden nachrichtlich informieren. Letztlich: Die künftigen Investitionen in Automation, Cloud Computing, IT-Forensik und die unbedingt erforderliche Artificial Intelligence (AI) übersteigen ohnehin alle personellen und finanziellen Ressourcen der nationalen und auch internationalen Akteuren, was nach Pool-Lösungen ruft.

Abb. 9

Organisation von CSEM/CSAM in der ICSE Database (Quelle: 2018 Interpol/ECPAT- Technical Report)

European Union

Die Bemühungen der Europäischen Union, Missbrauchsabbildungen und -filme sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen von Internet Service Providern (ISP) blockieren oder filtern zu lassen, reichen zurück bis 1996, als die Communication on Illegal and Harmful Content on the Internet (COM (96) 487 final) und das Green Paper on the Protection of Minors and Human Dignity in Audio-Visual and Information Services (COM (96) 483 verabschiedet wurden. Die Wirkungen der beiden Dokumente waren jedoch arg begrenzt. Erstens haben die Mitgliedstaaten die beiden Papiere sehr unterschiedlich angesehen und umgesetzt, und selbst im Bereich der Missbrauchsabbildungen/-filme sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen variierten die nationalen Gesetzgebungen zum Teil erheblich. Zweitens minderte die Subsidiaritätsklausel ein einheitliches Vorgehen erheblich, indem die nationalstaatlichen Interessen im Vordergrund standen. Drittens betonte selbst die Europäische Kommission ihre begrenzte legislative Kompetenz, so dass von Anfang an zwischen illegalen und schädlichen bzw. gefährlichen Inhalten (harmful content) unterschieden wurde, die separat angegangen und behandelt wurden.

Der Schwerpunkt bei Kinderpornografie lag zunächst auf Annäherung oder gar. Harmonisierung der nationalen Gesetze. 1999 bis 2005 betrieb die EC ein sehr bedeutsames Programm, die Finanzierung und Einrichtung nationaler Hotlines und Kontaktstellen zur online-Meldung illegaler Inhalte und zur Benachrichtigung der ISP.

Die nächste Aktion war die 2000 Council Decision to Combat Child Pornography on the Internet (2000/375/JHA), nach der die Mitgliedsstaaten aufgefordert wurden, mit „technischen Mitteln“ die Verteilung von kinderpornografischem Material zu blockieren.

Diese Empfehlung war jedoch nicht sehr erfolgreich. Diese Council Decision wurde zwei Jahre später durch das Europäische Parlament gestoppt[77], da sich technische Blockaden als weitgehend ineffektiv für die Bekämpfung der Kinderpornografie herausstellten, dagegen die Meinungsfreiheit übergebührlich bedrohten. Die nächste Council Framework Decision on Combating the Sexual Exploitation of Children and Child Pornography (2004/68/JHA) enthielt daher keine Empfehlung mehr für das technische Blockieren illegaler Inhalte – allerdings blieb es den Mitgliedstaaten freigestellt, solche Techniken einzusetzen.

2006, nach der Evaluation des 2003-2004 Safer Internet Programme (COM (2006) 663 final), wurde die Blockiertechnik erneut zu einem bedeutenden Hilfsmittel im Kampf gegen Kinderpornografie erklärt und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, diese europaweit zu installieren und zugleich eine black list von bekannten illegalen Seiten einzurichten. Anlass für diesen Richtungswandel war die signifikante Steigerung der Zahl von Internetseiten mit kinder- oder jugendpornografischen Inhalten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) berichtete von einer Steigerung von 1.894 Domains (2014) auf 3.077 Domains (2006), was eine Art moralische Panik insbesondere bei den Mitgliedsstaaten, die bisher keine Blockaden installiert hatten, auslöste. Da zudem England und Schweden, die solche Blockiersysteme etabliert hatten, positive Erfahrungen demonstrierten, waren die früheren Sicherheitsbedenken behoben.

Dieser Trend wurde im Mai 2007 weiter fortgesetzt mit dem Commission document ‘Towards a general policy on the fight against cyber crime’ (COM (2007) 267 final), in welchem eine Politik der “public-private agreements” empfohlen wird, mit welcher  EU-weit Seiten mit illegalen Inhalten, speziell mit Material zum sexuellen Missbrauch, blockiert werden sollen[78].

Im März 2009 wurde dieser Ansatz durch die Europäische Kommission weiter verfestigt, indem sie eine Framework Decision on Combating the Sexual Abuse of Children (COM (2009)135 final) vorschlug, die erstmals die Mitgliedsstaaten verpflichtete, online den Zugang zu inkriminierten Seiten zu blockieren. Mit dem Inkrafttreten des EU-Lissabon-Vertrages wurde die gleiche Vorlage als Directive (COM (2010) 94 final) umgesetzt

Die in der Wissenschaft immer noch strittigen Blockier-/Filtersysteme sind in Dänemark, Finnland, Italien, Malta, Norwegen und Schweden mit Einführung des Child Sexual Abuse Anti Distribution Filter (CSAADF), unter polizeilicher Führung in der Praxis und auf nationaler Ebene erprobt worden. Noch immer gibt es keine EU-weite Blocklist, allerdings arbeitet CIRCAMP mit Unterstützung von Interpol und Europol an einer „worst-of“ Liste, in der aufgenommen wird, was in allen Teilnehmerstaaten als illegal gilt. Andere Mitgliedsstaaten arbeiten mit „industriegeführten“ Systemen (IWF in UK), die wenigstens von staatlich unabhängigen Organisationen überprüft werden.

Um die gesetzlichen Regelungen noch mehr anzunähern/zu harmonisieren und das Monitoring dieses Prozesses zu verbessern, wurde 2011 die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie verabschiedet (vor 10 Jahren!).

Damit wurde eine ganze Reihe von online und offline begangenen Handlungen (sexuelle Missbräuche) neu eingestuft (20 verschiedene Straftatbestände), inhaltliche Verbesserungen oder Aktualisierungen vorgenommen), Regelungen zum Strafrahmen, zu Verjährungsfristen oder zum Informationsaustausch getroffen u.v.a.m. Im Dezember 2016 veröffentlichte die Kommission zwei Berichte über den Stand der Umsetzung dieser Richtlinie. Der Bericht zur Direktive selbst offenbart, dass erhebliche Probleme in der Umsetzung bestanden, d.h. dass die Richtlinie (noch) nicht befriedigend und schon gar nicht fristgerecht umgesetzt wurde. Die Kommission musste daher gegen die 15 säumigen Mitgliedsstaaten Vertragsverletzungsverfahren einleiten, um bis zum Berichtstermin Antworten zu bekommen. Die Ergebnisse der rechtlichen Umsetzungen sind eigentlich ein Art Offenbarungseid: Zu unterschiedlich sind die Art der Umsetzung, die Begrifflichkeiten, die Definitionen, zu vage die Antworten oder es wurden zu „wenig aufschlussreiche Informationen“ übermittelt. Kein einziger Artikel der Richtlinie ist einheitlich umgesetzt worden. Zwar wurden „erhebliche Anstrengungen“ konstatiert, doch wird auch beklagt, dass „gegenwärtig einige der größten Herausforderungen für die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Präventions- und Interventionsprogrammen für Straftäter (Artikel 22, 23 und 24), dem materiellen Strafrecht (Artikel 3, 4 und 5) sowie den Unterstützungs-, Betreuungs- und Schutzmaßnahmen für Opfer im Kindesalter (Artikel 18, 19 und 20) stehen – mit den Kernpunkten also.

Die Kommission sollte vom EP aufgefordert werden, diese EU-Richtlinie erneut zu evaluieren und sie sollte bereits im Vorfeld auf ihre Durchsetzungsbefugnisse hingewiesen werden (Vertragsverletzungsverfahren).

Auch die Zuarbeit zum Bericht über die Bewertung der von den MS getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderpornografie (COM (2016) 872 final vom 16.12.2016 wurde nicht von allen Mitgliedsstaaten termingerecht und vollinhaltlich geleistet. Wenigstens haben fast alle Mitgliedsstaaten Hotlines eingerichtet, die befugt sind, auf das Material zuzugreifen (mit Ausnahme von BE, ES und IT, die ihrer Informationspflicht vermutlich über Europol oder Interpol Genüge leisten); Die Dachorganisation dieser Hotlines ist INHOPE[79]. Jedoch sind die Meldeverfahren sehr unterschiedlich und damit unterschiedlich lang. In 93% aller Fälle wird das CSEAM aber innerhalb maximal 72 Stunden aus dem Internet entfernt – das ist eindeutig zu spät, in dieser Zeit kann das Material millionenfach weiterverbreitet werden. Selbst die Regelung zur Entfernung von CSEAM oder von Sperrungen sind nicht einheitlich umgesetzt worden.

Dennoch will die Kommission keine Änderungen des Art. 25 der Richtlinie erwägen, sondern baut darauf, dass der „geschaffene Mehrwert Kindern in vollem Umfang zugutekommt“ und die MS diese Bestimmungen uneingeschränkt umsetzen werden. Na, dann! Auch hier ist die Kommission darauf hinzuweisen, darauf zu drängen, dass die Richtlinie voll inhaltlich umzusetzen ist.

Die EU-Security Union Strategy für die Jahre 2020 bis 2025 adressiert insbesondere die Bedrohung der Cyber-Sicherheit in den Mitgliedsstaaten und fordert diese auf, ihre Anstrengungen zu Erreichung dieses Ziels zu verstärken, dafür auch eng zusammenzuarbeiten und gewonnene Erkenntnisse und Informationen zu teilen.   Zu diesem Zweck wurde 2016 die NIS-Richtlinie (Directive on security of Network and Information Systems)[80] verabschiedet, mit der die Gesetzgebung in Sachen Cyber-Sicherheit in allen Mitgliedsstaaten bis Ende 2020 harmonisiert/implementiert werden muss, die dann überprüft wird. Von besonderer Bedeutung sind die Einrichtung von nationalen NIS-Zentralstellen, Aufbau von Computer Security Incident Response Teams (CSIRT), eine homogene Sicherheitskultur in allen KRITIS-Bereichen und Austausch von „best-practice“-Modellen über das „NIS-toolkit“. Damit soll die EU fit für das digitale Zeitalter gemacht werden.

Am 27.06.2019 wurde der Cybersecurity Act verabschiedet, der ein EU-weites Rahmenwerk für die IT-Zertifizierung von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen etabliert und das Mandat der Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) gestärkt werden soll, der auch eine zweijährige Berichtspflicht gegenüber der Kommission abverlangt wird. (nix Parlament?) Der Cybersecurity Act ist für das hier behandelte Kriminalitätsphänomen jedoch kaum relevant.

Die Überprüfung der NIS-Richtlinie[81] führte erneut zu sehr unterschiedlichen, unvollständigen und unerfüllten Ergebnissen und fiel insgesamt recht kritisch aus („Enforcement regime of NIS is ineffective“…“MS do not share information systematically with one another“). Mitte Dezember 2020 wurde daher ein Vorschlag für eine neuen NIS-Richtlinie (NIS2)[82] unterbreitet, mit der durch d systematische und strukturelle Änderungen die erkannten Mängel behoben werden sollen und in der u.a. auch auf die Schaffung einer Gemeinsamen Cyber Einheit (Joint Cyber Unit), einer neuen Cyber Security Strategy, präzisere Vorschriften für Berichtspflichten, -inhalte und -termine bei besonderen Ereignissen gedrängt wird. Die Thematik CSEA wird mit dem letztgenannten Schwerpunkt allenfalls nur indirekt angesprochen. Ansonsten sind die Maßnahmen, die innerhalb der nächsten 18 Monate umgesetzt werden sollen, mehr technischer Natur und kaum relevant für das hier behandelte Kriminalitätsphänomen.

Akronyme

AAPA                         Audiovisual Anti-Piracy Alliance

AI                                Artificial Intelligence (dtsch: Künstliche Intelligenz (KI))

AP                              Analysis Project (Europol)

ASF                            Automated Search Facility (Interpol)

BKA                            Bundeskriminalamt

CAAR                        Consolidated Annual Activity Report (Konsolidierter jährlicher Tätigkeitsbericht)

CACT                         Crime Against Children Team (Interpol)

CAID                          Child Abuse Image Database (UK/IWF)

CEDAW                     Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

CEOP                        Child Exploitation and Online Protection Center [Zentrum für Kinderschutz gegen Ausbeutung im Internet]

CEPOL                      European Agency for Law Enforcement Training

CETS                         Child Exploitation Tracking System (Kanada, Australien)

CIRCAMP                 Cospol Internet Related Child Abusive Material Project

CJM                           Cybercrime Judicial Monitoring

CMS                           Case Management System (Fallbearbeitungssystem)

CoE                            Council of Europe (Europarat)

COSPOL                   Comprehensive Operational Strategic Planning for the Police

CPSs                          Cyber Physical Systems

CRC (KRK)               Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz: Kinderrechtskonvention

CRC-Komitee           UN-Komitee über die Rechte des Kindes

CRIS                          Child Recognition and Identification System (NCMEC)

CSA                           Child Sexual Abuse

CSAADF                   Child Sexual Abuse Anti Distribution Filter

CSE                           Child Sexual Exploitation

CSEA                         Child Sexual Exploitation and Abuse

CSEAM                     Child Sexual Exploitation and Abuse Material

CSIRT                        Computer Security Incident Response Teams

CTR                           Counter-Terrorism Register (Justizielles Terrorismusregister)

CVIP                          Child Victim Identification Program (NCMEC)

DDoS                         Distributed Denial of Service

DNS                           Domain Name System (ICANN)

EAW                           European Arrest Warrant (Europäischer Haftbefehl (EuHb))

eco                              Europäischer Verband der Internetwirtschaft e.V.

ECPAT                      Ending the Sexual Exploitation of Children [Sexuelle Ausbeutung von Kindern beenden]

EC3                            Europäisches Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität bei Europol

EEA                            Europäische Ermittlungsanordnung

EFC                            European Financial Coalition against Commercial Sexual Exploitation of Children (Europol)

EIO                             European Investigation Order (Europäische Ermittlungsanordnung- EEA)

EJCN                         Europäisches Justizielles Netzwerk gegen Cyberkriminalität

EJN                            Europäisches Justizielles Netz

EJR                            Eurojust-Verordnung

EMPACT                   European Multidisciplinary Platform Against Criminal Threats (Europäische multidisziplinäre Plattform gegen kriminelle Bedrohungen)

ENISA                        European Union Agency for Cybersecurity

ENPE                         European Network of Prosecutors for the Environment (Europäisches Netz der in Umweltsachen tätigen Staatsanwälte)

EPPO                         Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA)

EU                              Europäische Union

EUCPN                      EUROPEAN CRIME PREVENTION NEETWORK

EuHb                          Europäischer Haftbefehle

EU-MS                       EU-Mitgliedsstaaten

EUROMED               Euro-Mediterranean Partnership (Euro-mediterrane Partnerschaft)

EUROPOL                European Union Law Enforcement Agency (Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung)

EUStA                        Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO)

EYD                           EUROPEAN YOUTH DAY (EUROPOL)

Frontex                      Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedsstaaten der EU

GAC                           Governmental Advisory Committee (ICANN)

GLACY                      Global Action on Cybercrime (Weltweite Bekämpfung der Cyberkriminalität)

GSMA                        Mobile Alliance Against Child Sexual Abuse Content (Mobile Alliance)

GZ                              Gemeinsames Zentrum für Polizei- und Zollzusammenarbeit

HashDBPS               Hashwerte-Datenbank Pornografische Schriften (BKA)

HAVEN                      Halting Europeans Abusing Victims in Every Nation  (Europol)

ICANN                       Internet Corporation for Assigned Names and Numbers

IKT                             Informations- und Kommunikationstechnologien

INHOPE                    International Association of Internet Hotlines 8Dachverband der Internet-Beschwerdestellen)

INTERPOL                International Criminal Police Organization (Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (IKPO))

IOCTA                       Internet Organised Crime Threat Assessment (Europol)

IoE                              Internet of Everything

IoT                              Internet of Things

ISCE                          International Child Sexual Exploitation Database (Interpol)

ISP                             Internet Service Provider

IWF                            Internet Watch Foundation (UK)

IWOL                         Interpol Worst List of domains

J-CAT                        Joint Cybercrime Action Taskforce (Verbund zur internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität)

JCU                            Joint Cyber Unit

JHA                            Justice and Home Affairs (Justiz und Inneres)

JIT                              Joint Investigation Team (Gemeinsame Ermittlungsgruppe (GEG))

KSAK                         Kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern

LDCA                         Live distant child abuse (Europol)

MENA                        Middle East and Northern Africa (Naher Osten und Nordafrika)

MLA                           Mutual Legal Assistance (Rechtshilfe)

NCMEC                     National Center for Missing and Exploited Children

NIS                             Network and Information Systems across the Union (NIS Dirctive)

NGO                           Non-Governmental Organisation [Nichtregierungsorganisation]

NZB                            Nationales Zentralbüro (für Interpol und Europol)

OAP                            Operativer Aktionsplan

OCG                           Organised Crime Group (Gruppe organisierter Kriminalität)

OCSEA                      Online Child Sexual Exploitation and Abuse (Europarat)

OLAF                         Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung

OPSC                        Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention über den Verkauf von Kindern, Kinderprostitution und Kinderpornographie

OSCE                        Organisation for Security and Co-operation in Europe (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE))

OSP                            Online Service Provider

P2P                             Peer-to-Peer Netzwerke

PNR                           Passenger Name Record (Europol)

PSWG                       Public Safeety Working Group (ICANN)

SGEM                        Self-Generated Explicit Material (Europol)

SIRIUS                      Scientific Information Retrieval Integrated Utilisation System (Integriertes Nutzungssystem zur Auffindung wissenschaftlicher Daten)

SPoCs                        Single Points of Contacts (Eurojust)

TCM                           Terrorism Convictions Monitor (Bericht über Verurteilungen wegen terroristischer Straftaten)

THB                            Trafficking in human beings (Menschenhandel)

TOR                           The Onion Router

TSO                           Travelling Sex Offenders

TWINS                       Analysis Project Twins supports the prevention and combating of all forms of criminality associated with the sexual exploitation and abuse of children.

UK                              Vereinigtes Königreich

UN                              Vereinte Nationen

UNAIDS                    Gemeinsames Programm der Vereinten Nationen zur Reduzierung von HIV/AIDS

UNICEF                     Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen

UNODC                     Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung

UNWTO                    Welttourismusorganisation

US(A)                         Vereinigte Staaten (von Amerika)

USAID                       Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung

VGT                           Virtual Global Taskforce

VITF                           Victim Identification Taskforce (Europol)

WHO                          Weltgesundheitsorganisation

ZAC                            Zentrale Ansprechstellen Cybercrime (bei Justiz, für Wirtschaft und für CSEA)

 

 

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Sexting

These concerns have become all the more acute in the face of recent empirical evidence which suggests that sexual materials produced by children have become firmly embedded in the larger corpus of CSAM/CSEM in circulation.65Sexting may be broadly understood as the exchange of sexually explicit material via ICT,66 typically encompassing picture, video and textual content. While most research and public discourse on this phenomenon has addressed the problematic aspects of children’s sexting behaviours, sexting behaviour can function as a form of flirting and adolescent experimentation, and to enhance a sexual relationship.67 Notwithstanding, substantial concerns have been expressed around the permanence of the imagery that is produced in the context of sexting activities and its potential to lead to long-lasting and harmful consequences for children and young people.68 Particular focus has been given to legally problematic materials produced in the course of sexting exchanges, which have been described as ‘youth-produced sexual images’, or ‘pictures created by minors (age 17 or younger) that depict minors and that are or could be child pornography under applicable criminal statutes’.69Law enforcement, education, and social care professionals work with children whose formative sexual experiences are based upon such imagery.70 Problematically, many children perceive little wrong with the redistribution of sexually explicit images of their peers, or pressuring another child to producing and sharing a sexual image of themselves.71 At country level, schools in the United Kingdom have reported increasing experiences of cases featuring prepubescent children involved in the production or exchange of ‘youth-produced sexual imagery’.72 Here, the concern is not alone the production and dissemination of ‘youth-produced sexual imagery’ at increasingly young ages, but the associated problems of sexual abuse and exploitation of younger-age children that can result from this behaviour. The longer-term implications of this scenario are unclear, but can be linked to increasing criminal justice system engagement with children and young people as ‘perpetrators’ of CSAM/ CSEM-related offences. A recent Freedom of Information request to the UK’s Ministry of Justice by Phippen and Brennan73 demonstrated a year-on-year increase (2010-2015) in the number of prosecutions of 18-24 year olds under section 1 of the UK’s Protection of Children Act 1978. Indeed, a general increase in such offences was observed across this 5-year period where the perpetrator was a minor.74 This data indicates an increasing number of youth CSAM/CSEM users becoming engaged with law enforcement and the criminal justice system. Here the need for accurate classification and victim identification is particularly acute, given the complexity of some case presentations involving minors, where the distinction between victim and perpetrator is difficult to make. This cohort is at particular risk of falling through the cracks for victim identification, particularly where child subjects of ‘self-generated’ CSAM/CSEM are classified as perpetrators rather than victims. The victim-blaming attitudes towards those featured in exploited ‘self-generated’ material that prevail among young people, responses that emphasise the illegality of ‘sexting’ practices with frequent recourse to prosecution, and attendant reluctance for victims to report, act as major barriers to victim identification and assistance in these cases.75One obvious consequence of the variable presentation of sexting behaviours is that the cases that come to the attention of law enforcement are highly varied in presentation and context. Cases range from comparatively benign activities (e.g. where sexual materials are produced and shared in the context of a romantic adolescent relationship), to instances of explicit criminal harm (e.g. where a child is coerced into producing the material). Therefore, an on-going challenge remains: that of reliably distinguishing sexting behaviours and engagements with youth-produced imagery where some form of criminal harm is apparent, and where there is a public interest in sanctioning and managing the perpetrators. Outside of cases of illegal adult involvement, there may be a public interest in criminal sanction in a proportion of peer-perpetrated sexting cases, e.g. where the case features coercion and other exploitative dimensions, or the exploitation and abuse of prepubertal children. Indeed, the online sexual extortion of children has emerged as a substantial challenge in these investigations. Online sexual extortion activities targeting children occur at the intersection of a number of criminal behaviours, including financial extortion, sexual grooming and online solicitation, and may bear the characteristics of one or all of these offences. This apparent overlap can give rise to conceptual confusion regarding the nature of online child sexual extortion, the criminal offences that may be implicated in this activity, and present challenges to reporting, victim identification, and other management interventions.76 For example, a recent US survey of youth implicated in cases of sexual coercion and extortion determined that only 13% of victims reported their case to law enforcement.

Endnoten:

[1] https://www.dkhw.de/schwerpunkte/kinderrechte/koordinierungsstelle-kinderrechte/die-kinderrechte-strategie-des-europarates/

[2]file:///Users/uwe/Downloads/InterimRegulationontheprocessingofpersonalandotherdataforthepurposeofcombattingchildsexualabuseCOM2020568final.pdf

[3] Artikel 3 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention

[4] http://luxembourgguidelines.org/german/

[5] https://ec.europa.eu/commission/commissioners/2019-2024/johansson/announcements/speech-commissioner-johansson-webinar-preventing-and-combating-child-sexual-abuse-exploitation_en

[6] 11.11.2020 DW: https://www.dw.com/en/australia-police-expose-global-child-sex-abuse-ring/a-55560115

[7] Léonie Chao-Fong, Express, Thu, Nov 7, 2019: https://www.express.co.uk/search?s=L%C3%A9onie%20Chao-Fong&b=1; Nach der vietnamesischen (Hellfeld-)Statistik wurden von 2011 bis 2017 über 2.700 Fälle mit fast 6.000 Opfern angezeigt. 2018 wurden in China nach einer monatelangen Operation über 1.100 gehandelte Frauen befreit.

[8] https://www.uni-hannover.de/fileadmin/luh/content/alumni/alumnicampus/AC_8_2012/i34-36__hueneke.pdf

[9] Beispiel: Das “Safer Internet Plus Programme” finanzierte das CIRCAMP-Projekt “Cospol Internet Related Child Abusive Material Project”, das unterschiedliche und multinationale Ansätze zur Verhinderung der Herstellung und/oder Verbreitung von Missbrauchsabbildungen, -filme,  oder -texte  unterstützte (IRC, GIGATRIBE, PEER 2 PEER, NEWSGROUPS, GROOMING); CIRCAMP war schon 2004 gegründet worden und wird von Europol und Interpol unterstützt. Ziele sind die Entdeckung und Zerschlagung von jeglichen Organisationsstrukturen für die Produktion und/oder Verteilung von Missbrauchsabbildungen/-filme, die Täter und Opfer zu identifizieren und die Missbrauchsfälle zu beenden. Den besseren Ansatz bildet der Auftrag, den das EU-Internetforum im Sommer 2020 erteilte. Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein

[10]https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/sexualisierte-gewalt-kinder-sexueller-missbrauch-kinderpornografie-anhoerung-bundestag-strafrahmen-verbrechen-keuschheitsprobe/

[11] National Center for Missing & Exploited Children; 2019 erhielt da BKA rund 60.000 Hinweise, die gesichtet und dann zuständigkeitshalber an die Landespolizeien und Staatsanwaltschaften in den Bundesländern geleitet wurden. 2017 waren es noch 35.000 Hinweise. Den meisten Hinweisen konnte jedoch nicht mehr nachgegangen werden, weil die Provider die Daten nicht mehr vorhalten. 2017 konnte die Kinderpornographie-Plattform „Elysium“ mit über 11.000 Nutzern aus aller Welt abgeschaltet werden: Vier Deutsche wurden 2019 zu Haftstrafen von bis zu 10 Jahren verurteilt.

[12] Quelle: Meier, B. D. & Hüneke, A. (2011). Forschungsbericht „Herstellung und Verbreitung von Kinderpornographie über das Internet“. Kriminalwissenschaftliches Institut der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität Hannover, Hannover

[13] Copine-Skala (Combating Paedophile Information Networks in Europe) nach der das Bild-/Filmmaterial kategorisiert wird, um einen Überblick der Schwere des Missbrauchs zu erhalten (Stufe 1-3: strafrechtlich nicht relevant, Stufe 4-6 „Posing Material“, Stufe 7-10 „echte“ Kinderpornografie)

[14] www.praevention.org/fachinformationen

[15] https://www.karger.com/Article/PDF/467399

[16] https://d-nb.info/1164077368/34

[17] Vgl. Amtsblatt der Europäischen Union L 315/7 DE 14.11.2012 (2012): Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI.

[18] Basisuntersuchung JIM (Jugend, Information, (Multi-)Media) des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest

[19] Universität Mannheim Studie 2016 von Dr. Karin Knop

[20] http://www.mikado-studie.de/tl_files/mikado/upload/MiKADO_Zusammenfassung.pdf

[21] Wetzels, 1997: Gewalterfahrung in der Kindheit – Sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung und langfristige Konsequenzen (Bd. 1)

https://www.bke.de/content/application/explorer/public/newsletter/2013/august/hintergrundinfo_projektbeschreibung_kein_taeter_werden.pdf

[22] Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Positionspapier 2020

[23] https://standpunktonline.com/100-millionen-kinder-und-jugendliche-leben-in-der-eu/

[24] Statista Research Department, 22.06.2020: Im Zeitraum von 2008 bis 2019 schwankt die Zahl der Opfer zwischen 13.500 und 15.700 (Opfer gem. §§ 176, 176a und 176b StGB); In über 90 % der Fälle findet der sexuelle Missbrauch im Alter von 6 bis 14 Jahren statt.

[25] https://www.hilfeportal-missbrauch.de/informationen/uebersicht-sexueller-missbrauch/zahlen-und-fakten.html

[26] K. M. Beier et al. (2007): Das Präventionsprojekt Dunkelfeld. Der Berliner Ansatz zur therapeutischen Primärprävention von sexuellem Kindesmissbrauch

[27] https://www.behoerden-spiegel.de/wp-content/uploads/2019/10/Moderne_Polizei_Cyber_Polizei.pdf

[28] https://community.beck.de/2011/09/12/erfolgreiche-bekaempfung-der-internetkriminalitaet-durch-zentralisierung-in-der-justiz

[29] Das Forschungsteam um Prof. Dr. Franziska Boehm am Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft (ZAR) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) leitet dabei federführend die Erforschung der rechtlichen Rahmenbedingungen und soll so den Grundstein für eine nachhaltig rechtskonforme Softwareentwicklung legen.

[30] https://www.deutschlandfunk.de/sexualisierte-gewalt-im-sport-forschungsprojekt-voice.1346.de.html?dram:article_id=366784

[31] 10.06.2020 ZEIT: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-06/christine-lambrecht-cdu-hoehere-strafen-kindesmissbrauch-muenster

[32] https://www.polizei.de/Polizei/DE/Einrichtungen/ZAC/zac_node.html

[33] Ausführlich und lesenswert: https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/abschlussberichtkipost.pdf

[34] 2019 IOCTA: Die Zahl der Hinweise von Industrie und Drittstaaten steigt rasant. 2017 kamen aus den USA noch 44.000 Hinweise, 2019 waren es bereits 170.000. Hinweise aus Kanada stiegen ebenfalls von 6.000 (2018) auf 24.000 (2019). Mindestens 17 andere EU-MS erhielten von Europol ebenfalls Hinweise, die aus den USA stammten; alle EU-MS erhielten auf diesem Weg Hinweise aus Kanada, wo die gesetzliche Verpflichtung zur Mitteilung von CSEM an die staatlichen Behörden (in den USA: an NCMEC, eine NGO).

[35] Die PKS bildet nur einen sehr kleinen Teil der tatsächlichen Straftaten ab, wie sich unschwer an der erschreckend großen Differenz zwischen den Fallzahlen und den rund 62.000 NCMEC-Hinweisen ablesen lässt. Jedoch muss, zusätzlich zu den Problemen mit der Vorratsdatenspeicherung, berücksichtigt werden, dass nicht jedes gemeldete Foto oder Video tatsächlich strafbare Handlungen enthielt.

[36]https://www.iwf.org.uk/news/iwf-research-on-child-sex-abuse-live-streaming-reveals-98-of-victims-are-13-or-under

[37] IWF: “Therefore, it’s our belief that these children were being ‘directed’ to abuse themselves and live-stream the sexual abuse. “This form of grooming is complicated and only possible because of the ‘anonymity’ the internet offers. An offender may be, for example, a 40-year-old man. But by abusing a legitimate internet site to create a false profile, he could appear online as a 12-year-old school girl. Sadly, through this study we saw a range of grooming scenarios that abusers employ.” (Susie Hardgrave OBE, IWF CEO)

[38] Ausführlich: https://www.iwf.org.uk/sites/default/files/inline-files/Distribution%20of%20Captures%20of%20Live-streamed%20Child%20Sexual%20Abuse%20FINAL.pdf

[39] EU-Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen, 2000; Art. 13; Art. 5 von Europol’s New Regulation (s. nachfolgende Fußnote)

[40] Europol’s New Regulation:  Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol)

[41] Art. 6 von Europol’s New Regulation

[42] „Kinder“ sind für Europol, wie bei der UN-Kinderrechtskonvention und bei Interpol auch, Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

[43] 2019 IOCTA und NCMEC nach NYT, September 2019

[44] https://www.thehaguesecuritydelta.com/media/com_hsd/report/261/document/iocta-2019.pdf

[45] Schon 2005 waren schätzungsweise eine Million Missbrauchsabbildungen online abrufbar, jährlich kamen ca. 50.000 Bilder sexuellen Missbrauchs von Kindern hinzu, rund 75% der Opfer waren unter 10 Jahre alt (UNODC): Ein pädokrimineller 250- Millionen-Dollar Markt!

Allein beim LKA NW lieferten die Landesbehörden Ende 2020 innerhalb einer Woche über 310 Terabyte an Missbrauchsabbildungen/-filme an, die in der LKA-eigenen Cloud „Forensic Desktop“ zur weiteren Bearbeitung zwischengelagert sind. Diese Cloud fasst 2 Petabyte – bei gleicher Anlieferungsmenge wäre sie in 100 Tagen gefüllt. Zum Größenvergleich siehe Abb. 5.

[46] Tor (ursprünglich für „The Onion Routing“) ist ein Netzwerk zur Anonymisierung von Verbindungsdaten und wird als freie und open-source-Software angeboten. Im Januar 2019 nutzten bereits über 2 Millionen User täglich das Tor-Netzwerk.

[47] https://ec.europa.eu/home-affairs/financing/fundings/projects/HOME_2011_ISEC_AG_INT_4000002207_en

[48] 23.05.2016: https://www.enisa.europa.eu/publications/enisa-position-papers-and-opinions/on-lawful-criminal-investigation-that-respects-21st-century-data-protection

[49] http://virtualglobaltaskforce.com/wp-content/uploads/2020/02/2019-Virtual-Global-Taskforce-Environmental-Scan_Unclassi.pdf(Europol)

[50] Australia, Denmark, France, Germany, the Netherlands, Spain, Sweden, the UK, the USA, Europol and Interpol

[51] https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/policies/cybercrime/child-sexual-abuse/global-alliance-against-child-abuse_en

[52] Die INHOPE-Foundation führt eine Liste aller nationalen Hotlines (www.inhope.org), Hilfe zu Errichtung von Hotlines kann von GSMA angefordert werden: sam.lynch@gsma.com

[53] http://www.circleid.com/posts/20200723-the-state-of-dns-abuse-moving-backward-not-forward/

[54] https://www.europewatchdog.info/en/international-treaties/treaties_and_monitoring/child-abuse/

[55] Deutschland ratifizierte die CoE-Cybercrime Convention erst am 09.03.2009 ( https://www.coe.int/en/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/185/signatures?p_auth=4pgzc4nm)

[56] Quelle: https://www.coe.int/en/web/children/underwear-rule#{%2262788258%22:[0]}

In the book, the hand always asks Kiko for permission before touching. Kiko grants permission. When the hand wants to touch inside the underwear, Kiko says “No!”. Parents or carers could use this sequence to explain to children that they can say “No” at any moment.

[57] https://missingchildreneurope.eu/childsexualabuse

[58] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0145213420300545

[59] https://www.unodc.org/documents/AnnualReport/Annual-Report_2018.pdf

[60] https://www.msab.com/de/

XRY (Extraktion, Dekodierung), XAMN (Filter, Visualisierung, Analyse) oder XEC (Management, Datentransfer, Protokoll)

[61] Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Frontex)

[62] Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF)

[63] Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC)

[64] Das Abkommen fußt auf dem 2017 von Europol erfolgreich gestarteten Projekt SIRIUS, dem alle EU-MS und 17 Drittstaaten angehören. SIRIUS bietet Richtlinien für die Zusammenarbeit mit über 40 Online Service Provider (OSP) und eine Datenbank mit den Kontaktadressen von über 250 weiteren OSPs, stärkt die direkte Kooperation zur elektronischen Beweissicherung zwischen EU-Strafverfolgungsbehörden und Online Service Provider und fördert den Erfahrungsaustausch zur Anwendung von EU-Regelungen in den USA

[65] Gesetzlich geregelte Aufbewahrungsfristen: Lettland: 18 Monate; Belgien, Dänemark, Estland: 12 Monate; Tschechien 6 Monate; Bulgarien 3 bis zu 6 Monate, Lettland 6 bis zu 12 Monate; Finnland 3 Monate.

[66] Eurojust’s right of initiative to establish cooperation with Europol on case-related work, Fundstelle: https://www.eurojust.europa.eu/sites/default/files/Publications/AnnualReport/EUROJUST-CAAR2019_EN.pdf

[67] Im Zuge komplexer koordinierter Operationen kann auch ein gemeinsamer Aktionstag geplant werden, der koordinierte Eingriffe in den verschiedenen am Fall beteiligten Staaten vorsieht und vom Koordinierungszentrum bei Eurojust in Echtzeit unterstützt werden.

[68] Die Konferenz fand in Eurojust statt und brachte mehr als 100 Expereten zusammen, die Fragen zur grenzüberschreitenden Ermittlungen wegen im Darknet begangener online-Delikte im Bereich CSEA diskutierten

[69] Vorläufer war die INTERPOL Child Abuse Image Database (ICAID), die 2001 geschaffen wurde.

ICSE wurde unterstützt von der G8 und u.a. auch von der Europäischen Kommission finanziert, die seit 2017 die Entwicklung der Version 4 finanziert. Diese Datenbank-Version ist in der Lage, Verbindungen zu den nationalen Datenbanken herzustellen, die CSEA-Material speichern, minimiert die Duplikation laufender Verfahren auf internationalem Level, bietet ein online- forum/chat room für Strafverfolger und auch sonst viele technische Verbesserungen zur Arbeitserleichterung.

[70] Andorra, Argentina, Australia, Austria, Belarus, Belgium, Brazil, Bulgaria, Canada, Chile, Colombia, Croatia, Cyprus, Czech Republic, Denmark, Estonia, Finland, France, Georgia, Germany, Greece, Hungary, Iceland, Ireland, Israel, Italy, Japan, Korea, Latvia, Lithuania, Luxembourg, Moldova, Netherlands, New Zealand, Norway, Poland, Portugal, Romania, Russia, Slovakia, Slovenia, Spain, Sweden, Switzerland, Turkey, Ukraine, United Kingdom, United States and Vietnam.

[71]https://www.ecpat.org/news/boys-young-children-greater-risk-severe-online-sexual-exploitation-says-new-research/

ECPAT is a worldwide network of organizations working to end the sexual exploitation of children. We work at all levels, supporting shelters for survivors, training and supporting law enforcement, influencing governments and conducting a wide range of research.

[72] Siehe die Rede der ECPAT-International Executive Directorin Dorothy Rozga vor dem europäischen Parlament am 06.03.2018: „What is needed now is coordinated global action. All countries in the world have committed to ending the sexual exploitation of children. But you can’t end what you can’t measure“.

[73] https://www.behoerden-spiegel.de/wp-content/uploads/2019/10/Moderne_Polizei_Cyber_Polizei.pdf

[74] Norway (Driver/Project manager), UK (Co-driver), Ireland, France, Sweden, Italy, Finland, Belgium, Spain, Malta, Denmark, The Netherlands, Poland, and Germany. Co-operation with Norway, Switzerland and New Zealand.

[75] https://edri.org/our-work/edrigramnumber9-12circamp-goodbye-democracy/

[76] https://www.digitale-chancen.de/content/stories/index.cfm/aus.2/key.2648/secid.11/secid2.70/lang.1

[77] See Joris Evers, ‘European Parliament says no to Web site blocking,’ Computerworld, April 12, 2002, http://www.computerworld.com/action/article.do?command=viewArticleBasic&articleId=70115.

[78] “Law enforcement action against such sites is extremely difficult, as site owners and administrators are often situated in countries other than the target country, and often outside the EU. The sites can be moved very quickly, also outside the territory of the EU, and the definition of illegality varies considerably from one state to another.”

[79] Dieser Verband wird im Rahmen des Programms Safer Internet der Europäischen Kommission sowie seit 2014 aus der Fazilität „Connecting Europe“ unterstützt und vertritt gegenwärtig ein Netz aus 51 Hotlines in 45 Ländern, darunter in allen EU-Mitgliedstaaten

[80] https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/directive-security-network-and-information-systems-nis-directive

[81] Study to support the review of Directive (EU) 2016/1148 concerning measures for a high common level of security of network and information systems across the Union (NIS Directive) –N° 2020-665. Wavestone, CEPS and ICF.

[82] https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/proposal-directive-measures-high-common-level-cybersecurity-across-union

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